ETA seit 50 Jahren aktiv

Auch nach 50 Jahren ist die ETA nicht zur Aufgabe des bewaffneten Kampfes bereit.
Vor wenigen Wochen ist der spanischen Polizei ein internes Papier der ETA in die Hände gefallen. "Es ist an der Zeit, den Laden dichtzumachen", heißt es darin. Autor des brisanten Dokuments ist Jose Maria Matanzas alias "Txema", einer der führenden Ideologen der baskischen Untergrundorganisation.

Matanzas, 43 Jahre alt, sitzt seit 2007 im Gefängnis. Er galt bisher als Verfechter einer harten Linie. Nun fordert er aber das Ende des bewaffneten Kampfes. Doch dazu ist die ETA auch 50 Jahre nach ihrer Gründung nicht bereit.

Am 31. Juli 1959 gegründet
Die Organisation war am 31. Juli 1959 in Bilbao von einer Gruppe nationalistischer baskischer Studenten ins Leben gerufen worden, um gegen die Unterdrückung des Baskenlandes durch die Diktatur des Generals Francisco Franco (1939-1975) zu kämpfen.

Sie gaben sich den Namen Euskadi Ta Askatasuna (Baskenland und Freiheit). Ihr Widerstand gegen das Regime brachte der Organisation damals bei der Linken im In- und Ausland noch größere Sympathien ein.

Verkehrspolizist als erstes ETA-Opfer
Der erste Mord folgte am 7. Juni 1968: Bei San Sebastian wurde der Verkehrspolizist Jose Angel Pardines erschossen, als er ein verdächtiges Fahrzeug kontrollierte.

Darin saßen die ETA-Mitglieder Txabi und Joseba Etxebarrieta. Sie töteten ihn mit einem Kopfschuss.

Im selben Jahr verübte die ETA ihren ersten geplanten Mordanschlag. Das Opfer war der Polizeikommissar Meliton Manzanas, ein berüchtigter Folterer des Regimes. Er wurde am 2. August in Irun von mehreren Kugeln durchsiebt. Die spektakulärste Aktion während der Diktatur war aber die Ermordung von Francos Regierungschef Luis Carrero Blanco bei einem Bombenanschlag 1973 in Madrid.

Knapp 100 Tote im Jahr 1980
Der Franco-Staat ging brutal gegen die ETA vor, mehrere ihrer Mitglieder wurden zum Tode verurteilt. Doch auch nach dem Ende der Diktatur mordete die Organisation weiter. Die meisten Todesopfer gab es ausgerechnet im ersten Jahr nach Inkrafttreten des baskischen Autonomiestatuts, das der nordspanischen Region eine weitgehende Eigenständigkeit garantiert: 98 ETA-Morde wurden 1980 gezählt.

Längst hatte die Forderung nach einem unabhängigen Staat, bestehend aus den baskischen Gebieten in Nordspanien und Südfrankreich, den Kampf gegen die Diktatur verdrängt.

"Schmutziger Krieg"
Die noch junge Demokratie erlebte damals aber auch einen "schmutzigen Krieg" gegen den Terror: Von 1983 bis 1987 machten die illegalen Anti-terroristischen Befreiungsgruppen (GAL) nach dem Vorbild von Todesschwadronen und von staatlichen Stellen unterstützt Jagd auf die ETA.

Etwa 30 Menschen wurden getötet, darunter auch Unbeteiligte. Dieses dunkle Kapitel dient der ETA noch heute als Rechtfertigung, um Spanien als "Unterdrückerstaat" darzustellen, den es zu bekämpfen und aus dem Baskenland zu vertreiben gelte.

Im Namen dieser Unabhängigkeit hat die ETA bisher fast 850 Menschen getötet und Tausende verletzt. Rund 200 ihrer eigenen Leute kamen ebenfalls ums Leben. Schon lange gilt die ETA nicht mehr als Freiheitsbewegung, sondern als Terrororganisation - nach der Gewaltabkehr der IRA ist sie die letzte größere in Westeuropa.

Weitere Anschläge angekündigt
Unter ihren Opfern sind Militärs, Polizisten, Politiker, Journalisten und Richter: "Vergesellschaftlichung des Schmerzes" nennt die ETA das euphemistisch in ihrem Jargon.

Das bisher letzte Todesopfer war der Polizeiinspektor Eduardo Puelles, der vor knapp sechs Wochen bei einem Bombenanschlag nahe Bilbao starb.

In einer Erklärung zu ihrem Gründungstag prahlte die ETA kürzlich damit, "unbesiegbar" zu sein. Zugleich kündigte sie weitere Attentate an, um die Regierung zu neuen Verhandlungen zu zwingen.

Rund 700 Personen in Haft
Doch die wird es nach dem Scheitern des letzten Friedensprozesses im Juni 2007 nicht mehr geben, wie Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero stets wiederholt.

"Der Weg der ETA führt nur noch ins Gefängnis." Die Regierung sieht die Organisation so geschwächt wie lange nicht mehr - gleich viermal wurde ihre Führungsspitze in den vergangenen elf Monaten in Südfrankreich zerschlagen, rund 700 ihrer Mitglieder sitzen derzeit in Haft.

Schwindender Rückhalt
Und im spanischen Baskenland, wo erstmals nicht die Nationalisten, sondern die Sozialisten regieren, kann sich die ETA auf keine politische Partei mehr stützen: Ihr politischer Arm Batasuna (Einheit) und die Nachfolgeparteien wurden verboten.

Ohnehin tritt heute nur noch eine kleine Minderheit der Separatisten für den bewaffneten Kampf ein. Das hat auch ETA-Ideologe Matanzas erkannt.

"Von wegen unbesiegbar, das ist doch bloß Selbstbetrug", schrieb er. Doch ETA-Mitbegründer Julen Madariaga, der 1959 in Bilbao dabei war und der Gewalt lange den Rücken gekehrt hat, glaubt nicht an ein Einlenken: "Dazu hat die ETA nicht den nötigen Mumm", sagte der heute 77-Jährige der Zeitung "El Pais".

Jörg Vogelsänger, dpa

Link:

  • ETA (Wikipedia)