VW prüft Bilanzen

Branchenexperte rechnet mit einem Abbau von Arbeitsplätzen im Zuge der Porsche-Übernahme durch VW.
Mit dem millionenteuren Rückzug des bisherigen Porsche-Chefs Wendelin Wiedeking und der Einigung auf eine Übernahme von Porsche durch VW ist nach monatelangem Tauziehen Klarheit über die Zukunft der Unternehmen erzielt worden. Porsche war zum Übernahmekandidaten geworden. Ursprünglich war von neun bis zehn Milliarden Euro Schulden die Rede. Nun tauchen aber weitere Details aus der Marathonsitzung von der Nacht auf Freitag auf.

Kurz vor Zahlungsunfähigkeit
Einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Focus" zufolge könnte die finanzielle Lage des Porsche-Konzerns um einiges dramatischer sein als bisher bekannt. Demnach haben die Stuttgarter einen Schuldenberg von rund 14 Milliarden Euro angehäuft, vor allem durch den Kauf von VW-Aktien auf Pump sowie den Rückgang im Autogeschäft.

Sitzungsteilnehmer berichteten "Focus", wäre es nicht zu einer Einigung mit VW gekommen, wäre Porsche in etwa zwei Wochen zahlungsunfähig gewesen.

Porsche dementiert
Laut "Spiegel" machte Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann Porsche-Miteigentümer Wolfgang Porsche höchstpersönlich deutlich, wie ernst die Lage und wie dringend nötig eine Kapitalerhöhung sei.

Porsche-Sprecher Anton Hunger dementierte aber gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters am Samstag die Verschuldung von 14 Milliarden Euro. "Ich kann diese Zahl nicht bestätigen", so Hunger.

Prüfung der Bilanzen
Nun sollen von VW-Experten alle Bilanzen und Berichte von Porsche sorgfältig geprüft werden. Erst danach entscheidet sich, wie hoch der Kaufpreis sein wird. VW will spätestens bis Jahresende 49,9 Prozent der Porsche AG übernehmen, den Rest im nächsten Jahr.

Weniger in Familienhand
Einem Bericht der "Leipziger Volkszeitung" (Samstag-Ausgabe) zufolge sollen die Familien Porsche und Piech im künftigen VW-Porsche-Konzern weniger Einfluss haben als bisher angenommen. Ihr Anteil soll bei nur rund 40 Prozent liegen. Das Land Niedersachsen werde weiter gut 20 Prozent halten, das Emirat Katar soll mit bis zu 20 Prozent einsteigen. Auch die Belegschaft soll mit bis zu fünf Prozent beteiligt werden.

Sonderrechte absichern
Der Betriebsrat von Volkswagen will unterdessen die Sonderrechte des Landes Niedersachsen und der Belegschaft im Unternehmen zusätzlich absichern. Betriebsratschef Bernd Osterloh sagte der "Süddeutschen Zeitung", die Regeln des VW-Gesetzes sollten im neuen Unternehmen, das zusammen mit Porsche entsteht, von allen Beteiligten in einer Grundlagenvereinbarung festgeschrieben werden.

"Wir haben das VW-Gesetz immer für alle Standorte angewandt. Und das wird auch so bleiben." Insofern werde das VW-Gesetz dann auch für Porsche gelten.

EU prüft VW-Gesetz
Die EU-Kommission will aber laut einem Zeitungsbericht die Rechtmäßigkeit des VW-Gesetzes erneut prüfen. Der Sprecher von Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy sagte der "Süddeutschen Zeitung", seine Behörde werde im September beraten, ob sie Deutschland wegen des Gesetzes zum zweiten Mal nach 2007 vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verklage.

Die Sonderregelung aus den 60er Jahren sollte eine feindliche Übernahme des Konzerns ausschließen. Sie sichert dem Land Niedersachsen ein Vetorecht in wichtigen strategischen Fragen sowie bei Standortentscheidungen zu.

Mit europäischem Recht unvereinbar
Der EuGH hatte das Gesetz bereits 2007 für unvereinbar mit europäischem Recht erklärt, weil es den freien Kapitalverkehr einschränke. Die deutsche Regierung änderte die Regelung daraufhin, ließ den Passus, wonach wichtige Beschlüsse einer Kapitalmehrheit von 80 Prozent bedürfen, aber bestehen. Damit behielt das mit 20,01 Prozent beteiligte Land Niedersachsen seine Sperrminorität.

Kampfansage aus Baden-Württemberg
Unterdessen gibt sich Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger im Kampf gegen das VW-Gesetz, an dem die Übernahme von VW durch Porsche unter anderem gescheitert war, nicht geschlagen: "Es ist ein grober Verstoß gegen die Prinzipien der Marktwirtschaft."

Dennoch warf er dem Porsche-Management Fehler vor. Die Führung des Sportwagenherstellers habe den Eindruck erweckt, bei VW in Wolfsburg bliebe "kein Stein auf dem anderen", sollte die Übernahme aus Stuttgart gelingen, sagte Oettinger dem "Spiegel". "Die Art und Weise, wie Porsche in Wolfsburg einmarschiert ist, fanden sicherlich nicht alle gut."

Experte rechnet mit Jobabbau
In jedem Fall sei nach der Porsche-Übernahme durch VW mittel- und langfristig mit Jobabbau zu rechnen, sagte der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer der "Pforzheimer Zeitung". Er rechnet mit einem Abbau von zehn bis 20 Prozent der Stellen.

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