Zweithöchstes Bußgeld
Nach der bisher höchsten Strafe von 1,3 Milliarden Euro gegen eine Gruppe europäischer Autoglashersteller verhängte die EU-Kommission am Mittwoch damit das zweithöchste Bußgeld in der europäischen Wettbewerbsgeschichte.
Die Wettbewerbshüter in Brüssel eröffneten das Verfahren bereits 2007. Ein Jahr zuvor hatten sie die Unternehmen durchsucht. Vorgeworfen wurde E.ON, dem Tochterunternehmen E.ON Ruhrgas und dem französischen GDF-Konzern, dass sie bis 2005 30 Jahre lang Gasmärkte in Deutschland und Frankreich aufgeteilt und dadurch niedrigere Verbraucherpreise verhindert hätten.
Gemeinsame Pipeline
Beim Bau der gemeinsamen Megal-Pipeline 1975 zum Import von russischem Gas vereinbarten die damalige Ruhrgas AG (heute E.ON Ruhrgas) und Gaz de France (heute Teil von GDF Suez), dieses Erdgas nicht im Land des jeweils anderen Unternehmens zu verkaufen. Das habe auch noch nach der Liberalisierung des EU-Energiemarktes 2000 gegolten, kritisierte Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes.
"Durch diese Vereinbarung wurden die Verbraucher auf zwei der größten Gasmärkte in der EU um einen stärkeren Preiswettbewerb und eine größere Anbieterauswahl gebracht", so Kroes. Für sie zählt die Aufteilung von Märkten zu den schwerstwiegenden Kartellverstößen. Mit der Kartellstrafe will sie auch anderen Energieversorgern ein Signal geben.
Klage angekündigt
Die beiden Energieunternehmen kündigten bereits an, diese Entscheidung der EU-Kommission nicht zu akzeptieren und vor Gericht zu ziehen. E.ON erklärte, dass diese Vereinbarung für die Marktentwicklung keine Relevanz gehabt habe, nie praktiziert und 2004 sogar formell von den Unternehmen aufgehoben worden sei.
"Die Kommission konstruiert Marktabsprachen, die zwischen den Unternehmen nie stattgefunden haben", sagte E.ON-Ruhrgas-Chef Bernhard Reutersberg. "Die Entscheidung und insbesondere das hohe Bußgeld sind nicht nachvollziehbar."
Die Kartellstrafe wurde nach Angaben der Kommission auf Grundlage der Jahre 2000 und 2005 berechnet - für die Zeit nach der Liberalisierung des Gasmarktes.
"Energiemarkt verändert"
Auch GDF wollte Einspruch beim Europäischen Gericht einlegen. Der Konzern erklärte seinen "völligen Widerspruch" gegen die Schlussfolgerung der Kommission, dass GDF Suez und E.ON bis 2005 "konspiriert haben, um den Wettbewerb auf ihren jeweiligen Märkten zu beschränken".
Außerdem habe sich "der Rechts- und Regulierungsrahmen damals sehr von dem des heutigen Energiemarktes" unterschieden.
Trotz des bevorstehenden Rechtsstreits kommen E.ON und GDF nicht umhin, das Bußgeld zu zahlen. Die beiden Energieunternehmen werden sich die Zahlungen mit je 553 Millionen Euro aufteilen.
Wenig Auswirkung an der Börse
An der Frankfurter Börse war die drastische Strafe keine Überraschung. E.ON-Papiere sackten kurz nach der Bekanntgabe lediglich leicht ab und legten danach wieder zu. Beobachtern zufolge hielt sich die Buße im Rahmen der Erwartungen.
E.ON und GDF sind nach Kommissionsangaben die führenden Erdgasanbieter in Deutschland und Frankreich und zwei der größten Akteure auf dem europäischen Gasmarkt. Der Essener Konzern erwirtschaftete 2008 einen weltweiten Jahresumsatz von 87 Milliarden Euro. GDF Suez erzielte einen Umsatz von 68 Milliarden Euro.
Einigung für den Strommarkt
In einem anderen Kartellverfahren zum Strommarkt hatte sich E.ON im vergangenen Jahr noch mit der EU-Kommission geeinigt. Der Konzern hatte eine drohende Strafe mit der Zusage abgewendet, sein Höchstspannungsnetz in Deutschland und Kraftwerke zu verkaufen. Eine Abgabe seines Gasnetzes hat der Konzern mehrfach ausgeschlossen.
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