Riesiges Sicherheitsaufgebot

Die Organisation des Gipfels läuft laut Kritikern völlig chaotisch.
Am Mittwoch soll in der italienischen Stadt L'Aquila der 35. G-8-Gipfel beginnen. Insgesamt werden 29 Staats- und Regierungschefs samt Delegationen in der vom Erdbeben schwer gezeichneten Stadt erwartet.

Erst im April hatte Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi beschlossen, die großen Weltwirtschaftsnationen statt auf die kleine Insel La Maddalena vor Sardinien in die Gebirgsstadt L'Aquila einzuladen. Mit dem knappen Zeitplan und den Gegebenheiten im Bebengebiet dürfte Berlusconi den Organisatoren aber zu viel abverlangt haben.

"Es gab keine Planung"
Wie die britische Zeitung "Guardian" berichtet, dürften die Zustände in L'Aquila so chaotisch sein, dass bereits vor Wochen die USA das "Kommando" übernommen hätten.

"Die Italiener waren einfach schrecklich. Da gab es keine Koordination, keine Planung", sagte ein G-8-Mitglied gegenüber der Zeitung. Mittlerweile wird bereits laut darüber nachgedacht, Italien die Mitgliedschaft bei dem Bund der sieben wichtigsten Wirtschaftsnationen und Russlands abzuerkennen.

Spanien soll Italiens Platz einnehmen
"Die G-8 ist ein Club, und Clubs haben Mitgliedschaftsgebühren. Italien hat seine nicht gezahlt", sagte einer der Organisatoren. Über eine Alternative werde bereits gesprochen. Demnach soll Spanien, das mittlerweile ein höheres Pro-Kopf-Einkommen hat und mehr Entwicklungshilfe zahlt, Italien ersetzen.

Druck auf Berlusconi steigt
Der Gipfel, bei dem sich Berlusconi so gerne als Mann der Tat in Katastrophenzeiten präsentiert hätte, droht zu einem Desaster zu werden.

Der Regierungschef, der durch seine privaten Skandale zunehmend unter Druck gerät, muss nun mit aller Macht dafür sorgen, dass der Gipfel - zumindest nach außen hin - zu einem Erfolg wird. Doch dabei könnten ihm die Globalisierungsgegner einen Strich durch die Rechnung machen.

Zweites Genua verhindern
Hinter der Wahl, L'Aquila als Veranstaltungsort des Gipfels auszuwählen, stand auch die Überlegung, dass sich die G-8-Gegner durch die Zeltstädte und Ruinen von Ausschreitungen abhalten lassen. Berlusconi hoffte so, ein zweites Genua zu verhindern. 2001 kam es dort beim G-8-Gipfel zu heftigen Krawallen, bei denen Hunderte Personen verletzt wurden und ein Demonstrant starb.

"Wir dürfen nicht in die Falle gehen"
Doch die Demonstranten dürften sich nicht an die Pläne der Regierung halten. "Wir dürfen nicht in die Falle gehen, darauf zu verzichten, nur weil der Gipfel in L'Aquila ist", sagte Vincenzo Miliucci von der globalisierungskritischen Gewerkschaft COBAS am Montag.

Auch mischen sich die Globalisierungskritiker mit Betroffenen der zerstörten Region, die mit den Wiederaufbauplänen der Regierung unzufrieden sind und schon in Rom für raschere Hilfe demonstriert hatten.

36 Festnahmen
Bereits vor Beginn des Gipfels nahm die Polizei in Rom 36 Globalisierungsgegner fest. Die Festgenommenen sollen einige Müllcontainer und Reifen in Brand gesetzt haben.

Eine Gruppe von Anhängern der Gruppe "Rete No G8" blockierten am Dienstag einige Minuten lang die Zufahrt zur Autobahn Rom - L'Aquila in der Hauptstadt. Die Demonstranten riefen Slogans gegen Berlusconi und die G-8. Einige rollten Spruchbänder gegen die "Invasion der G-8" aus.

Zehntausende Beamte im Einsatz
In L'Aquila selbst kündigten mindestens 3.000 Aktivisten für Mittwoch Demonstrationen an. Die Stadt wurde vorsorglich in eine regelrechte Festung verwandelt. Geschäfte, die nach dem Erdbeben erst vor wenigen Wochen wieder aufgemacht haben, müssen jetzt entlang der Fahrroute aus Sicherheitsgründen erneut die Rollläden schließen.

Staatschefs schlafen im Bunker
Tausende Soldaten und Polizisten bewachen die Stadt sowie die Straßen, die nach L'Aquila führen. Strenge Sicherheitsmaßnahmen wurden vor allem rund um die Offizierskaserne ergriffen, in der die G-8-Regierungschefs tagen. Die Staats- und Regierungschefs übernachten in einem unterirdischen Bunker der Kaserne.

In Rom werden alle Denkmäler, die U-Bahn-Zugänge und die Sitze wichtiger Institutionen strengstens kontrolliert.

Schengen-Abkommen außer Kraft gesetzt
Der Gipfel wirkt sich auch auf den Urlauberreiseverkehr aus. Italien hat bis 15. Juli das Schengener Abkommen der offenen Grenzen außer Kraft gesetzt, um die Anreise gewaltbereiter "Schwarzer Blocks" aus den Nachbarländern zu verhindern.

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