"Brüno" ist los. Nach monatelangem Hype kommt die satirische Pseudodokumentation des britischen Brachialkomikers Sacha Baron Cohen jetzt endlich in die Kinos.
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©Bild: Universal Studios |
Bekannte Methoden
"Brüno" ist aber nicht "Borat", Teil zwei, kann es gar nicht sein, denn dazwischen liegt Baron Cohens Aufstieg vom halbwegs bekannten Komiker zum globalen Superstar. Das scheint sich zwar nicht unbedingt auf Baron Cohens Persönlichkeit ausgewirkt zu haben - der Brite legt nach wie vor Wert auf ein betont unöffentliches Privatleben -, wohl aber auf seine Methoden.
Seit "Borat" ist zumindest in groben Zügen bekannt, wie das Team um Baron Cohen arbeitet, um an die entlarvenden Interviews zu kommen. Potenzielle Opfer tappen offenbar nicht mehr so leicht in diese Falle, und das wird in "Brüno" mehr als deutlich.
Mitleid mit Ron Paul
Als Borat musste Baron Cohen seine Gesprächspartner nur anstupsen; er hielt sich verhältnismäßig im Hintergrund, und der Witz entsprang den Unmöglichkeiten, die die Interviewten von sich aus von sich gaben.
Das ist der große qualitative Unterschied zu "Brüno". Diesmal gibt es Situationen, in denen man sich mit den unschuldigen Opfern identifizieren kann - etwa mit Ron Paul, dem eigentlich nicht unumstrittenen republikanischen Bewerber für die US-Präsidentschaftswahl.
Paul wird in dem bizarren Interview immer stärker von Brüno bedrängt, ist sichtlich unangenehm berührt, verliert aber bis zum Schluss nicht die Fassung. Am Ende hat man Mitleid mit dem älteren Herrn, der sich nicht auf eine Bloßstellung einlässt.
Schwachpunkt Slapstick
Schon bei "Borat" waren die Rahmenhandlung und Baron Cohens brachiale Slapstickeinlagen der große Schwachpunkt. Eben weil die Vorgangsweise mit den Interviews nicht mehr so gut funktioniert, spielt dieser Aspekt in "Brüno" eine größere Rolle.
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©Bild: Universal Studios |
Überzogene Klischees
Im Nahen Osten lässt er etwa einen israelischen und einen palästinenschen Gelehrten eine kitschige Friedenshymne anstimmen; in den US-Südstaaten trifft er auf einen Priester, der ganz ernsthaft verspricht, ihn via Exorzismus von der Homosexualität zu heilen.
Meistens bleibt aber auch die absichtliche Überhöhung von Schwulen-Stereotypen nur ein Gimmick. Dass sich US-Homosexuellenverbände im Vorfeld kritisch äußerten, mag übertrieben sein - wirklich verwunderlich ist die Reaktion nicht.
Brüno und sein "Arschwitz"
Zumindest haben sie mehr Grund zu Kritik als Österreich: Dass die Figur Brüno ein in Klagenfurt geborener Reporter fürs Österreichische Jugendfernsehen ist, ist im Film nur am Rande Thema.
Es gibt ein paar Anspielungen auf Hitler und Arnold Schwarzenegger, vor allem aber ist Brünos Herkunft ein Anlass für Baron Cohen, 90 Minuten lang schlechtes Englisch mit pseudodeutschem Akzent zu sprechen und sein Hinterteil als "Arschwitz" zu bezeichnen.
Keine Geschmacksgrenzen
Subtile Ironie und Zurückhaltung, in "Borat" zumindest noch teilweise präsent, sind einem schnell geschnittenen Gag-Dauerfeuer ohne Geschmacksgrenzen und extrem ausgeklügelten Set-ups gewichen. Eine durchaus gefährlich wirkende Szene, in der sich Brüno von einem Al-Aksa-Terroristen entführen lassen will, dauert keine halbe Minute.
Der Aufwand, der in "Brüno" betrieben wird, um an ein paar Lacher zu kommen, ist also ungleich höher als beim Vorgänger. Das schlägt sich finanziell nieder: Das Hollywood-Studio Universal soll knapp 50 Millionen US-Dollar für den Film ausgegeben haben, zweieinhalbmal so viel wie Konkurrent Fox 2006 für "Borat". Die Kosten für das exzessive Marketing sind dabei noch nicht einberechnet. Ob das Endprodukt so profitabel ist wie der Vorgänger vor drei Jahren, wird sich weisen.
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