Madoffs Anwalt Ira Lee Sorkin hatte aufgrund des Geständnisses seines Mandanten auf eine milde Strafe von zwölf Jahren Haft plädiert. Das Gericht dürfe nicht einem Klima der "Rachsucht" nachgeben.
"Es tut mir leid"
Madoff habe mit den Behörden kooperiert und auch nicht versucht, zu fliehen, sagte sein Anwalt. Lange zu leben habe er statistisch ohnehin nicht mehr.
Madoff hatte zuvor nochmals Reue gezeigt. Er habe einen "fürchterlichen Fehler" begangen, betonte er im Gerichtssaal. An die Opfer gewandt sagte er: "Es tut mir leid. Ich weiß, das hilft Ihnen nichts." Er müsse nun "bis ans Ende seiner Tage mit diesem Schmerz leben". Seinen Angehörigen hinterlasse er ein schweres Erbe der Schande: "Ich bin für eine Menge Kummer und Leid verantwortlich."
"Keine Gnade"
Von Gnade wollten die meisten Geschädigten aber nichts hören. In mehr als hundert Briefen an Richter Chin wurde Vergeltung gefordert.
Auch zu Beginn der Sitzung kamen stellvertretend einige Opfer zu Wort. Manche verloren ihre gesamten Ersparnisse und müssen sich nun mit staatlichen Essensmarken durchschlagen.
"Keine Gnade", sagte ein 63-jähriger Rentner laut US-Medien. Seine Frau weine jeden Tag um das Leben, das sie gemeinsam durch den Betrug verloren hätten.
Schuldig bekannt
Der Madoff-Skandal geht als größter Betrugsfall der Wall Street in die Geschichte ein.
Der frühere Chef der US-Technologiebörse NASDAQ hatte sich bereits im März des Diebstahls, der Geldwäsche und der Urkundenfälschung schuldig bekannt. Seitdem saß er in Haft. Richter Chin ordnete noch vor dem Urteil die Beschlagnahmung seiner Anlagen im Wert von 170 Milliarden Dollar (121 Mrd. Euro) an. Das entspricht laut Gericht der Summe, die Madoff durch seine Betrügereien an der Wall Street erwirtschaftet hatte.
Auch 85 Millionen Dollar aus dem Anlagevermögen von Madoffs Ehefrau Ruth wurden beschlagnahmt. Ihr bleibt aber auch nach der Beschlagnahmung immer noch Bargeld in der Höhe von 2,5 Mio. Dollar.
Ehefrau brach Schweigen
Madoffs Familie erschien nicht vor Gericht. Seine zwei erwachsenen Söhne sollen mit ihm kein Wort gesprochen haben, seit er ihnen Mitte Dezember den Megaschwindel offenbarte. Sie arbeiteten auch in der Firma und sollen wie Ehefrau Ruth vom ganzen Schwindel nichts gewusst haben.
Unmittelbar nach dem Urteil brach Ruth Madoff ihr Schweigen: "Wie jeder andere fühle ich mich betrogen", schrieb sie in einer Erklärung. "Der Mann, der diesen schrecklichen Betrug beging, ist nicht der Mann, den ich über all die Jahre kannte."
Opfer warten auf Entschädigung
Die Madoffs hatten sich mit der Staatsanwaltschaft darauf geeinigt, dass auch Vermögenswerte im Umfang von rund 80 Millionen Dollar zur Entschädigung der Opfer verkauft werden sollen. Dazu zählen unter anderem eine Sieben-Millionen-Dollar-Wohnung in Manhattan und eine Elf-Millionen-Dollar-Villa in Palm Beach.
Auch wenn erste Anlegergelder schon zurückgezahlt wurden, dürften viele Opfer von ihrem Vermögen nur noch wenig wiedersehen. Der Kampf darum kann dauern. Denn der Richter will erst in drei Monaten ein weiteres Urteil zum Schadenersatz fällen.
Lange Liste Geschädigter
Der 71-Jährige betrog jahrelang weltweit Tausende private Anleger und Investoren in einem Schneeballsystem um bis zu 65 Mrd. Dollar. Die genaue Summe ist unklar. Bisher konnten dreizehn Mrd. Dollar (9,22 Mrd. Euro) aus mehr als 1.300 Anlegerkonten zugeordnet werden. Auch österreichische Privatanleger sind betroffen. Die Nationalbank schätzt den Schaden auf 350 Mio. Euro.
Zahlreiche Prominente standen ebenfalls auf Madoffs Liste. Sie reicht von Hollywood-Regisseur Steven Spielberg, der Schauspielerin Zsa Zsa Gabor über Banken in Europa - in Österreich waren etwa Kunden der Bank Medici betroffen - und die Stiftung des Holocaust-Überlebenden Elie Wiesel bis zur Familie von Madoffs Anwalt Sorkin.
"Exklusiver Club" von Anlegern
Madoff warb nicht selbst um Anleger - er ließ sie zu sich kommen. Durch Mund-zu-Mund-Propaganda verbreiteten sich in den wohlhabenden Kreisen New Yorks und Floridas die Berichte über seine lukrativen Investmentfonds. Mit vorgeschwindelten Renditen und einer schillernden Fassade lockte er Anleger in die Falle.
Neue Kunden wurden nur durch Empfehlung alter Kunden aufgenommen. Bei Madoff zu investieren galt als eine Art Privileg. Ermittler sehen das heute als den perfekten Vertrauenstrick: Denn wer in den exklusiven Kreis der Anleger aufgenommen wurde, stellte tendenziell keine kritischen Fragen.
Betrügen mit "Ponzi"
Madoff arbeitete nach dem "Ponzi-Modell". Mit diesem Namen, der auf den Betrüger der 1920er Jahre, Charles Ponzi, anspielt, wird in den USA eine Gaunerei nach einem bestimmten Schneeballprinzip bezeichnet.
Einem Investor werden dabei sehr hohe Renditen versprochen. Diese werden mit dem Geld bezahlt, das neu angeworbene Investoren einzahlten. Das System brach zusammen, als an der Spitze der Pyramide das Geld ausging. In der Finanzkrise hatten Kunden plötzlich begonnen, hohe Summen abzuziehen.
Anlass für Zweifel
Dabei hätte es für Zweifel schon seit Jahren Anlass gegeben. Auffällig war, dass Madoff seine Milliardengeschäfte aus einem kleinen Büro mit nur wenigen Angestellten lenkte. Losgelöst vom Anstieg und Fall der Börsenkurse brachte sein Fonds den Anlegern jahrelang gleichmäßig hohe Renditen ein.
Die US-Börsenaufsicht SEC hatte 2006 Ermittlungen gegen Madoff aufgenommen, doch diese verliefen im Sand. Der ehemalige Chef der SEC, Christopher Cox, räumte schwere Fehler seiner Behörde ein.
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