Der tiefe Fall eines Stars

Ab 1935 galt Flynn für einige Jahre als einer der bestbezahlten Stars Hollywoods.
Er wurde von mehreren Schulen verwiesen, hatte etliche Affären und versuchte auch als Goldgräber sein Glück: Schon in seiner Jugend in Australien lebte Errol Flynn genau das Leben, das er später in seinen gefeierten Hollywood-Filmen verkörpern sollte: den Draufgänger und den charismatischen Frauenschwarm.

Zwei Jahrzehnte lang war er der Held der "Goldenen Jahre" der Traumfabrik, ehe er seinem Lebenswandel den Tribut zollen musste. So kometenhaft sein Aufstieg war, so tief war sein Fall: "Ich mag meinen Whiskey alt und meine Frauen jung", meinte er mehrmals. Schwerkrank, Alkoholiker und drogensüchtig und ob seiner sexuellen Ausschweifungen mit zu jungen Mädchen geächtet, erlag er 1959 einem Herzinfarkt.

Gelegenheitsjobs und Affären
Auf der Insel Tasmanien wurde Flynn am 20. Juni 1909, also vor genau hundert Jahren, geboren. In die Fußstapfen seines Vaters, einem Professor für Meeresbiologie, konnte er nie treten. Er versagte an den teuersten Privatschulen - nicht selten wegen Affären.

Mit Gelegenheitsjobs vom Goldsucher über Schafkastrierer bis zum Südseefischer hielt er sich über Wasser, ehe er für einen Dokumentarfilm über Neuguineas Kopfjäger anheuerte. Aufnahmen dabei verhalfen ihm zu seiner ersten Filmrolle, einer australischen Verfilmung von "Meuterei auf der Bounty".

In London entdeckt
Kurz darauf floh er - ständig von Justiz und Ehemännern seiner Liebschaften bedroht - nach England, nahm Schauspielunterricht und spielte in mehreren Theaterstücken. "Als vielleicht schlechtester Othello, den je eine englische Bühne gesehen hat", wie er später selbst meinte.

Da sich sein Dolch in der Robe verhedderte, beschloss er, als Othello kurzfristig einen Herzinfarkttod statt durch einen Selbstmord zu sterben. Der Lohn war eine Rolle in einem britischen Film, in dem er von Warner Bros. vor allem wegen seines blendenden Aussehens entdeckt wurde - der steile Aufstieg nach Hollywood begann damit.

Ein Kassenschlager nach dem anderen
1935 wurde er mit der Hauptrolle in dem Film "Unter Piratenflagge" ("Captain Blood") mit Olivia de Havilland an seiner Seite über Nacht berühmt. Ob als Freibeuter mit Charme und scharfen Degen, als Robin Hood oder als smarter Westernheld, ein Kinoknüller folgte dem anderen, erst unter der Regie von Michael Curtiz und später, als die Spannungen mit ihm zu groß wurden, unter dem Regisseur Raoul Walsh.

Sozialromantik statt Politik
Später folgten mit Beginn des Zweiten Weltkriegs Rollen in Kriegsdramen. Wie sein Leinwand-Alter-Ego wollte auch er an die Front, doch wegen seiner Tuberkulose und Malaria war er für seine Wahlheimat Amerika de facto kriegsuntauglich. Mehrere Biografien unterstellten ihm später, für die Nazis spioniert zu haben.

Wiewohl einige antisemtische Aussagen überliefert sind, belegen britische Dokumente, dass er zeitweise Informant des britischen Geheimdienstes war. Eher sozialromantisch veranlagt hatte er als Reporter auf republikanischer Seite für wenige Monate 1937 im Spanischen Bürgerkrieg gearbeitet. Tief beeindruckt zeigte er sich von der Revolution in Kuba, die er auf der Insel miterlebt und später verfilmt hatte.

Ausschweifungen am laufenden Band
1943 begann Flynns Abstieg: 1943 wurde ihm wegen Unzucht mit Minderjährigen der Prozess gemacht, den er am Ende aber doch gewann. Spätestens da hatte er einen Ruf als unersättlicher Frauenheld, "In like Flynn" wurde zum geflügelten Wort.

Die Ehe mit seiner ersten Frau Lili Damita wurde geschieden, nur Monate später heiratete er Nora Eddington. Seine Ausschweifungen, Seitensprünge und Orgien waren aber ein offenes Geheimnis in Hollywood. Auch die Ehen Nummer zwei und drei scheiterten.

Alkohol und Heroin
Anfang der 1950er Jahre hatte Flynn seine Rollen als "Aufschneider" endgültig satt und nur noch ein Ziel vor Augen: Er wollte einen Wilhelm-Tell-Film drehen. Doch der Lebenswandel hatte sein gesamtes Vermögen aufgefressen, die Alkoholsucht hinterließ immer mehr Spuren, und aus dem Morphium, mit dem er seine Rückenschmerzen im Zaum halten wollte, wurde bald Heroin. Fluchtartig verließ er die USA in Richtung Großbritannien.

Exzesse bis zuletzt
1956 kehrte er zwar nach Kalifornien zurück und spielte in drei Filmen wiederum sich selbst, diesmal einen aussichtslosen Trinker. Die Arbeit wurde aber zunehmend schwieriger. Als Theaterschauspieler konnte er nicht mehr arbeiten, weil er sich durch seine Sucht kaum noch konzentrieren konnte.

Flynn starb 50-jährig an einem Herzinfarkt neben seiner letzten Geliebten, der 17-jährigen Beverly Aadland, nachdem er kurz zuvor noch die Gäste einer Party in Vancouver mit seinen Anekdoten amüsiert hatte. "Ich hatte höllisch viel Spaß und genoss jede Minute davon", waren angeblich seine letzten Worte. Und den sollte er für seine Trinkkumpanen auch noch im Grab haben: Sie legten ihm sechs Flaschen Whiskey in den Sarg.

TV-Hinweis
Anlässlich des 100. Geburtstags von Errol Flynn zeigt ORF2 am Sonntag um 14.05 Uhr den 1940 gedrehten Streifen "Der Herr der sieben Meere".

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