Deren nächste Etappen folgten seither im Eilzugstempo: Im Mai wurde sie gemeinsam mit Nicholas Ofczarek und Werner Wölbern beim Berliner Theatertreffen für ihre Leistung in "Der Weibsteufel" mit dem 3sat-Preis ausgezeichnet. Und mit der Besetzung als Buhlschaft der Salzburger Festspiele ab 2010 hat sie eine Rolle ergattert, die zwar nicht im Umfang, aber doch vom Aufmerksamkeitswert für manche Szenebeobachter den Olymp bedeutet.
"Das Ich bleibt ja weiter vorhanden"
"Es geht um Erlebnisfähigkeit und Vorstellungskraft." So beschrieb Minichmayr vor wenigen Monaten in einem Interview ihren Beruf. "Die Garderobe ist keine Verwandlungsmaschine, in der ich mein Ich abgebe. Das ist ja trotzdem vorhanden." Und zwar höchst präsent.
"Man muss sich ihrem Spiel ausliefern, sie zwingt einen dazu", bekennt Klaus Maria Brandauer, ihr Schauspiellehrer am Max-Reinhardt-Seminar. Für Brandauer ist Minichmayr "eine der größten Begabungen ihrer Generation", und er fügt (in dem "Next Generation"-Band des Burgtheaters) hinzu: "Sie hat das immer als Herausforderung verstanden, nie als Bürde."
Von Pasching nach Wien
Am 3. April 1977 in Pasching, einem Vorort von Linz, geboren, wurde Minichmayr 1999 direkt vom Reinhardt-Seminar ans Burgtheater engagiert. Dort debütierte die Schauspielerin mit der markanten, rauchigen Stimme als "Dirne" in Schnitzlers "Reigen" (Regie: Sven-Eric Bechtolf) und spielte u. a. in den Nestroy-Inszenierungen "Der Färber und sein Zwillingsbruder" von Karlheinz Hackl (für ihre Rosa Blau wurde sie mit dem Nestroy als beste Nachwuchsschauspielerin ausgezeichnet) und "Der Zerrissene" von Georg Schmiedleitner.
In Franz Wittenbrinks Liederabend "Pompes Funebres" bot die Schauspielerin, die auch über eine Tanzausbildung verfügt, am Burgtheater auch Kostproben ihrer Sangeskunst. Vor wenigen Tagen sang sie dort mit Campino, dem Frontmann der Toten Hosen, das Duett "Auflösen".
Die Freundschaft mit Campino
Die Freundschaft (manche behaupten, da sei sogar mehr) und das gemeinsame Gesangsprojekt mit Campino ist Resultat des Berlin-Intermezzos Minichmayrs: 2004 wechselte sie trotz des Nestroy-Preises für ihre Medea in "Das goldene Vlies" und "Birgit, bleib in Wien!"-Rufen bei der "Vlies"-Premiere an die Berliner Volksbühne, wo sie u. a. in "Gier nach Gold" und "Iwanow" spielte. In der Castorf-Truppe blieb sie dreieinhalb Jahre.
In der freien Brandauer-Produktion der "Dreigroschenoper" im Admiralspalast spielte sie die Polly, Campino den Mackie Messer. Zurück in Wien gab Minichmayr neben dem gefeierten "Weibsteufel" die Lady Macbeth in Stephan Kimmigs verwässertem "Macbeth" und den Narren in Luc Bondys "König Lear"-Inszenierung.
Bondy und Pollesch als Wunschregisseure
Bondy steht auch "ganz oben auf der Liste" jener Regisseure, mit denen Minichmayr gerne wieder arbeiten würde. "Auch mit Rene Pollesch würde ich gerne wieder arbeiten. Und ich bin sehr froh, Martin Kusej begegnet zu sein. Bei 'Der Weibsteufel' hatten wir eine sehr stimmige Probenzeit. Er erkennt einen, holt einen ab, nimmt einen sehr ernst."
"Und dann gibt es eine lange Liste von Regisseuren, mit denen ich noch nie gearbeitet habe, aber hoffentlich irgendwann noch arbeiten kann." Kusej hat für seine Münchner Intendanz noch nicht angefragt. "Es ist ja noch wahnsinnig lang bis dahin. Da kann sich ganz viel tun. Vielleicht werde ich ja Mutter, oder ich mache eine Weltreise."
Es könnte aber auch der eine oder andere Film dazwischenkommen. Schließlich kann Minichmayr bereits auf eine ganz beachtliche Filmografie verweisen, spielte u. a. in Tom Tykwers internationaler Großproduktion "Parfum", in Doris Dörries "Kirschblüten - Hanami", in "Fallen" von Barbara Albert und "Spiele Leben" von Antonin Svoboda. Für ihre Darstellung einer Kellnerin in Wolfgang Murnbergers Wolf-Haas-Verfilmung "Der Knochenmann" wurde sie im März mit dem Diagonale-Schauspielpreis ausgezeichnet.
Der Preis von Berlin
Ihre Mitwirkung im Beziehungsdrama "Alle Anderen" wurde bei der Berlinale preisgekrönt, und auch im Cannes-Siegerstreifen "Das weiße Band" von Michael Haneke ist sie (allerdings nur in einer Minirolle) vertreten.
Unterwegs zur Buhlschaft
Minichmayr sollte heuer noch ausgiebig Sommerferien machen, denn wo sie ab 2010 ihre Sommer verbringen wird, steht seit kurzem fest. Bei den Salzburger Festspielen stand sie 2002 und 2003 als lebenslustige Erna Wahl in Andrea Breths Inszenierung von Schnitzlers "Das weite Land" auf der Bühne des Landestheaters.
Als Buhlschaft wird sie künftig wesentlich weniger Text, doch ungleich größere Aufmerksamkeit haben. Seit Sophie Rois gab es wohl keine so interessante Besetzung für diese Rolle. Die Geburtsorte von Rois und Minichmayr liegen übrigens nur rund zehn Kilometer auseinander.