Die Reise nach Italien gilt als eines der Highlights in einer Reihe von Treffen, die in den nächsten Wochen noch folgen und Gaddafis Image im Westen weiter aufpolieren sollen.
"Historisches" Treffen
Drei Tage verbringt der libysche Staatschef in Italien. Rom wertet den Besuch als "historischen" Höhepunkt der Wiederannäherung zwischen der ehemaligen Kolonialmacht und dem nordafrikanischen Ölstaat. "Ein langes, schmerzvolles Kapitel mit Libyen ist nun beendet", sagte Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi bei der Begrüßung.
Auch für Gaddafi waren die Differenzen der Vergangenheit Geschichte. "Ich bin hier am heutigen Tag, weil Italien sich entschuldigt hat", erklärte er nach seinem Treffen mit dem italienischen Staatspräsidenten Giorgio Napolitano. Denn der materielle Wert der italienischen Entschädigungszahlungen würde niemals dem entsprechen, was Italien am libyschen Volk verbrochen habe.
Provokation mit "Heldenfoto"
![]() |
©Bild: APA/EPA/Alessandro Di Meo |
Zudem wurde er von einem Nachkommen dieses in Libyen als Widerstandsführer verehrten "Löwen der Wüste", Omar el Muktar, begleitet.
300 Gefolgsleute
Medienberichten zufolge reiste Gaddafi, der derzeit auch Präsident der Afrikanischen Union (AU) ist, mit einem Gefolge von 300 Personen an. Er nächtigt in einem traditionellen, mit Teppichen und Diwan ausgestatteten Beduinenzelt, wo er auch seine Gäste empfängt.
Gaddafi, der sich von einer ausschließlich weiblichen Leibgarde beschützen lässt, will bei seinem Besuch auch 700 Italienerinnen aus Politik, Wirtschaft und Kultur treffen.
Rede verlegt
Unumstritten ist der libysche Staatschef nicht. Linke Senatoren protestierten dagegen, dass Gaddafi am Donnerstag im Senat sprechen darf: "Es ist eine Schande, einen Diktator reden zu lassen, der die Menschenrechte nicht respektiert", kritisierte Stefano Pedica von der Partei "Italien der Werte".
Die oppositionelle Demokratische Partei (PD) kündigte den Boykott der Rede an. Nach dem Widerstand der Senatoren wurde Gaddafis am Donnerstag geplante Ansprache nun in ein Nebengebäude verlegt.
Menschenrechte nicht gesichert
Die Opposition fordert von dem libyschen Revolutionsführer vor allem "Respekt vor den Rechten der Migranten". Gegner werfen Gaddafi vor, dass Italien im Sinne einer engeren Zusammenarbeit nun Bootsflüchtlinge direkt wieder nach Libyen abschieben kann.
Auch Menschenrechtsorganisation wie Human Rights Watch und Amnesty International kritisierten bereits im Vorfeld, dass mit dem Gaddafi-Besuch ein "schmutziges Abkommen" gefeiert werde, das die Rechte von Flüchtlingen und Migranten mit Füßen trete.
Denn die Menschenrechte der Flüchtlinge auf libyschem Boden seien nicht gesichert. Hunderte demonstrierten am Mittwoch im Namen der Menschenrechte gegen Gaddafi.
Wirtschaft und Immigration
Auf der Agenda des Besuchs steht auch der Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen, die die frühere Kolonialmacht und das erdölreiche nordafrikanische Land neue Freundschaften schließen lassen.
Bereits jetzt existieren enge Verflechtungen zwischen den beiden Staaten. Libysche Petrodollar fließen in große italienische Unternehmen wie UniCredit und ENI. Ein Viertel der Ölimporte Italiens stammt aus Libyen. Die Italiener wiederum forcieren ihre eigene Investitionstätigkeit in dem Maghreb-Staat.
Vertrag über Freundschaft und Geld
Möglich wurde Gaddafis Besuch durch den Ende vergangenen Jahres geschlossenen "Freundschaftsvertrags". Darin verpflichtete sich Italien, rund 3,6 Milliarden Euro Entschädigung für die Kolonialzeit zu zahlen, verstärkte aber gleichzeitig die energiepolitische Kooperation.
Die Entschädigungsgelder fließen in Bauprojekte in Libyen, die von italienischen Firmen ausgeführt werden.
Mit dem Vertrag wurde nach jahrzehntelangen diplomatischen Spannungen ein Schlussstrich unter die von 1911 bis 1942 dauernde Kolonialherrschaft Italiens in Nordafrika gezogen.
Links: