Margolles nimmt mit ihrer Kunst direkt Bezug auf die Gewalt in ihrem Heimatland. Sehr direkt führt sie zu den Spuren des Todes. Margolles, die im Vorjahr Künstlerin in Residence in Krems war, arbeitet mit Körperflüssigkeiten, Leichentüchern und Scherben, die sie von Tatorten aus ihrer Heimat mitgenommen hat. In Beton hat sie den Kopf einer Babyleiche gegossen.
Perlen aus Splittern
In Venedig fährt im Zuge einer Kunstaktion ein junger Mann in einer Gondel durch die Kanäle. Um seinen Hals hängt eine Kette in der Form eines Rosenkranzes: Die Perlen stammen aber aus Splittern zerborstener Scheiben von einem Schussattentat.
An einem anderen Ort werden Kreditkarten verteilt. Doch sie zeigen keine Firmennamen, sondern Fotos von Opfern von Gewaltverbrechen.
Wasser aus Leichentuch zum Aufwaschen
Den Tod in Kunstwerken zu visualisieren durchzieht das Schaffen der mexikanischen Künstlerin. Es sind immer Spuren, die zum Ableben führen, die Margolles in ihren Werken inszeniert - ein Unterfangen, das nicht ohne Kritik bleibt.
Immer arbeitet sie mit echten Exponaten, und mitunter werden diese neu aufgeladen, etwa wenn sie für eine Installation auf der diesjährigen Biennale Wasser durch mit Leichenblut getränkte Leintücher laufen und mit diesem Wasser in einem anderen Raum Angehörige von Mordopfern den Boden aufwischen lässt.
Kunst mit politischem Ansatz
Margolles versteht diese Arbeit nicht als Memento mori, sondern als durchaus politisch. Sie möchte daran erinnern, dass in ihrem Heimatland eine ganze Generation im Sumpf der Gewalt verloren geht.
Wenn junge Menschen gewalttätig seien, um damit ihre Familien durchzubringen, stehe die Gesellschaft vor der zentralen Frage, wie ein Auskommen ohne den Kreislauf von Gewalt und gegenseitigem Töten möglich sei.
Die Frage, warum sie immer mit Gegenständen von Toten arbeitet, beantwortet Margolles mit einem didaktischen Hinweis: "Damit ihr in der Gesellschaft nicht vergesst, dass ihr in Frieden lebt und der Frieden sehr zerbrechlich ist." Den Vorwurf, sie nutze den Schock für ihre Kunst aus, will sie offenbar gar nicht ganz widerlegen: Ihr gehe es um Katharsis, nicht nur beim Publikum, sondern auch bei den Opfern und der Künstlerin selbst.
Der Gewalt die Spitze nehmen
Wie man der Gewalt die Spitze nehmen kann, zeigt eine andere Aktion von Margolles. Stickerinnen sticken Worte aus Todesdrohungen mit goldenen Fäden auf Stoff: Die einstige Drohung verwandelt sich durch die Entfremdung als Kunst fast in so etwas wie Poesie - eine Poesie freilich, die nie ihre grausame Herkunft verneint.
Links:
- Biennale Venedig
- Teresa Margolles (Culturebase)
- TV-Beitrag zu Teresa Margolles (ZDF)