Fiat sagte nur Stunden vor Beginn des zweiten Opel-Krisengipfels Freitagnachmittag in Berlin seine Teilnahme völlig überraschend ab. Magna, berichtete die deutsche "Bild"-Zeitung in ihrer Online-Ausgabe, stehe "kurz davor hinzuschmeißen". Freitagmittag war nicht einmal sicher, ob der angesetzte Gipfel mit der deutschen Regierung überhaupt stattfindet.
Angeblich immer neue Forderungen
Grund für das Zögern Magnas seien nun nicht Forderungen aus Berlin, sondern aus den USA, berichtete "Bild" unter Berufung auf Verhandlungsteilnehmer. Opel-Nocheigentümer GM mauere gegen den Konzern des Austro-Kanadiers Frank Stronach und lege die Latte immer höher.
Magna besserte bereits nach
GM hatte mit einer überraschenden Forderung nach einem Kredit in Höhe von 300 Mio. Euro bereits die erste Verhandlungsrunde im Kanzleramt in Berlin in der Nacht auf Donnerstag zum Scheitern gebracht. Magna erklärte sich anschließend bereit, die Summe vorzustrecken. Außerdem ließ sich Stronach Jobgarantien entlocke.
"Es sieht alles danach aus, dass General Motors USA gar keinen Deal will", zitierte die dpa einen weiteren, namentlich nicht genannten Verhandlungsteilnehmer.
Fiat will nicht mehr zahlen
Fiat ließ am Freitagvormittag wissen, sehr wohl noch an Opel interessiert zu sei, machte aber gleichzeitig klar, nicht tiefer in die Tasche greifen zu wollen.
Fiat-Chef Sergio Marchionne beklagte außerdem, keine wirklichen Informationen über den exakten wirtschaftlichen Ist-Zustand des Rüsselsheimer Autoherstellers zu besitzen, da Opel nicht genügend Einblick in seine Bücher gewährt habe.
"Irrationale Risiken"
Fazit für Marchionne: Die GM-Forderungen "würden Fiat dazu zwingen, Opel finanziell zu unterstützen und sich damit unnötigen und irrationalen Risiken auszusetzen". Er zeigte sich "überrascht und enttäuscht von den letzten Phasen der Verhandlungen".
Fiat habe "keinen vollständigen Zugang zu finanziellen Schlüsselinformationen gehabt, um die Situation von Opel beurteilen und ein ernsthaftes Angebot vorlegen zu können, das den Bedürfnissen sowohl von GM als auch von Fiat gerecht" werde. Es sei in der Tat irrational anzunehmen, dass Fiat den angeschlagenen Autobauer finanzieren könne, solange dessen wirtschaftliche Situation nicht bekannt sei.
UniCredit steht hinter Fiat
Unterstützung erhielt Fiat von der Bank-Austria-Mutter UniCredit, die Kredithilfe zusicherte: "Wir sind bereit, Fiat auch finanziell unter die Arme zu greifen. Wir befinden uns in einer heiklen Phase, doch wir vertrauen der Qualität des von Fiat vorgelegten Plans", sagte UniCredit-Vizevorstand Sergio Ermotti.
Thema Insolvenz nicht vom Tisch
Die deutsche Bundesregierung hatte sich laut eigenen Angaben bis Freitagmittag noch auf keinen Opel-Partner festgelegt. Alle Optionen müssten offengehalten werden, sagten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). Guttenberg brachte am Freitag erneut auch die Variante Insolvenz ins Spiel.
Es sei falsch, in der Diskussion mit Opel-Interessenten und GM "Milliarden in die Hände zu nehmen und überhaupt keine Risikoüberprüfung mehr vorzunehmen", so Guttenberg. Berlin dürfe sich von niemandem erpressen lassen.
Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) lehnte eine Insolvenz des Traditionskonzerns dagegen am Freitag vehement ab. "Das sollte niemand verantworten wollen." Diese Variante ist wegen der in Deutschland anstehenden Bundestagswahl aber ohnehin eher unwahrscheinlich. Auch Merkel sprach sich am Freitag erneut dagegen aus.
Stronach in der "Poleposition"
Scholz attestierte Magna im Bieterfinale via "Berliner Zeitung" (Freitag-Ausgabe) die "Poleposition". Magna habe klare finanzpolitische Vorstellungen und "versteht etwas vom Autogeschäft", so Scholz.
Magna "kooperationsbereit"
Der Favorit Magna hatte im beginnenden Finale der Opel-Gespräche auch noch eine weitere Variante ins Spiel gebracht und sich auch offen für eine Zusammenarbeit mit Fiat gezeigt. Eine Kooperation mit dem Turiner Konzern, aber auch anderen europäischen Autobauern sei möglich, wenn es sich für beide Seiten lohne, sagte Magna-Kovorstand Don Walker.
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