Dreiteilige Ausstellung in Deutschland

Im Jahr neun nach Christus besiegte Arminius den römischen Statthalter Varus.
Deutschland ist im Geschichtsfieber. Heuer jähren sich nicht nur Republiksgründung und Mauerfall, sondern auch die Varusschlacht. Vor 2.000 Jahren schlug der Cheruskerfürst Arminius im Teutoburger Wald die vom Feldherrn Publius Quinctilius Varus angeführten römischen Besatzer in die Flucht.

Arminius wurde später, im 19. Jahrhundert und vor allem von den Nazis, mit eingedeutschtem Namen Hermann zum Gründungsvater der deutschen Nation umgedeutet.

Merkel eröffnete Ausstellungsprojekt
Inzwischen haben Historiker mit dieser Fehleinschätzung grundlegend aufgeräumt. Am Mythos um "clades Variana", wie römische Schriftsteller diese "Varusniederlage" bezeichneten, kommt man in Deutschland aber nicht vorbei.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel eröffnete am Freitag ein staatstragendes Ausstellungstrio in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen rund um das Gebiet, in dem die Schlacht vermutlich stattgefunden hat.

Playmobil und Römerblut
500.000 Besuscher werden bei "Imperium Konflikt Mythos. 2000 Jahre Varusschlacht" erwartet, zwölf Millionen Euro wurden dafür ausgegeben, Tausende Exponate werden gezeigt. Es ist das bisher größte archäologische Ausstellungsprojekt in Deutschland.

©Bild: LWL-Medienzentrum, Sagurna
©Bild: LWL-Medienzentrum, Sagurna
Im Römermuseum in Haltern hat man das Blutbad mit 15.000 Playmobil-Legionären und Ochsenwagen in Spielzeuggröße nachgestellt.

In den Souvenirshops um den Teutoburger Wald geht die "Aufarbeitung" einen Schritt weiter: Man kann Erdbeeraufstrich mit der Bezeichnung "Römerblut", "Varus Leberwurst", Hermann-Gartenzwerge und sogar Graburnen mit dem Abbild des Hermannsdenkmals käuflich erwerben.

"Mann für Mann abgeschlachtet"
Das Blutbad im Teutoburger Wald stoppte im Jahr neun nach Christus Kaiser Augustus' Expansionsdrang in die Gebiete östlich des Rheins. Offenbar hatte die Weltmacht den Widerstand der Germanen unter Führung des in römischen Diensten stehenden Cheruskerfürsten Arminius falsch eingeschätzt.

Der römische Statthalter Varus befand sich mit drei Legionen - mit Hilfstruppen insgesamt mindestens 20.000 Mann - auf dem Marsch ins Winterlager, als die Germanen den kilometerlangen Heereszug aus dem Hinterhalt angriffen und in einer mehrtägigen Schlacht vernichteten.

"Eingeschlossen in Wälder und Sümpfe, in einem feindlichen Hinterhalt, wurden sie Mann für Mann abgeschlachtet", schilderte der römische Historiker Velleius Paterculus in einem rund 20 Jahre später entstandenen Bericht.

Der "Befreier Germaniens"?
Vor allem im 19. Jahrhundert wurde diese "Schlacht im Teutoburger Wald" als Geburtsstunde der deutschen Nation verklärt, weil Arminius, dessen Name zu Hermann eingedeutscht wurde, die germanischen Stämme im Kampf gegen die Römer vereint habe.

Nicht zuletzt glaubte man, dass die Schlacht ein solcher Schock für die antike Supermacht gewesen sei, dass sie sich schlagartig aus Germanien zurückzog und auf die Provinz verzichtete. Eine solche Deutung geht auf die im 16. Jahrhundert wiederentdeckten "Annalen" des römischen Geschichtsschreibers Tacitus zurück, der Arminius als den "Befreier Germaniens" bezeichnete.

Kein Einschnitt in die römische Politik
Die Wissenschaft sieht es jedoch anders: Einen Einschnitt für die römische Politik habe die Schlacht nicht bedeutet, betonen etwa die deutschen Historiker Rainer Wiegels und Reinhard Wolters. Es habe sich zwar um eine der härteren Niederlagen gehandelt, die Rom erlitten habe, aber der Verlust mehrerer Legionen sei durchaus mehrmals vorgekommen.

Kaiser Augustus habe noch bis zu seinem Tod im Jahr 14 Germanien bis zur Elbe zum Römischen Reich gerechnet, stellt Wolters klar: "Die Varus-Katastrophe wird von ihm nicht einmal mehr erwähnt."

Diplomatie statt Krieg
Vieles spreche dafür, dass Rom noch Jahrzehnte nach der Varusschlacht Kontrolle auf germanischem Gebiet ausübte, so Wiegels: "Es ging Rom nicht darum zu sagen, wir siegen und haben eine Provinz." Das seien Vorstellungen aus dem 19. Jahrhundert.

Der römische Staat habe noch Jahrzehnte später Könige bei germanischen Stämmen eingesetzt. Handel sei ohnehin getrieben worden, und Rom habe später - etwa unter Kaiser Tiberius - eben nicht militärisch, sondern diplomatisch Macht ausgeübt.

Wahrnehmung komplett gedreht
Vielleicht ging von den Germanen auch schlicht keine Gefahr mehr für das Römische Reich aus. Die oft auch untereinander zerstrittenen Germanenstämme seien in dieser Zeit ganz einfach zu schwach gewesen, um eine Bedrohung für die Weltmacht dazustellen, so Wiegels.

Damit hat sich die Rezeption der Schlacht um 180 Grad gedreht. Im deutschen Städtchen Detmold, wo man früher den Ort des Geschehens vermutete, wurde 1875 das 53 Meter hohe Hermannsdenkmal errichtet. Es wurde im Kaiserreich mit klar anti-französischer Note eingeweiht und galt sowohl nach dem Ersten Weltkrieg als auch unter der Nazi-Herrschaft als Symbol vorgeblicher deutscher Befreiung.

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