Eine große Modigliani-Ausstellung in der Bundeskunsthalle im deutschen Bonn gibt jetzt einen Einblick in diese unwirkliche Welt, und sie beleuchtet das kurze Leben des mit 35 Jahren gestorbenen Italieners (1884 bis 1920), das von Ausschweifungen und Schwermut geprägt war. Die Retrospektive mit Leihgaben aus aller Welt ist bis zum 30. August zu sehen.
Arbeiten weltweit verstreut
Obwohl Modigliani heute als einer der bedeutendsten Künstler der Moderne und des 20. Jahrhunderts gilt, gab es international vergleichsweise wenige größere Einzelschauen.
Das liege auch daran, dass seine Arbeiten weltweit verstreut seien, sich viel in Privatbesitz befinde und man Leihgaben äußerst schwierig bekomme, sagte Bundeskunsthallen-Intendant Robert Fleck.
"Ein Schwein und eine Perle"
Die Bonner Schau bietet mit 40 Gemälden, 70 Zeichnungen und einigen Skulpturen einen repräsentativen Querschnitt durch Modiglianis umfangreiches und keinem dominanten Stil zuordenbares Gesamtwerk.
Neben den Werken sind Zitate von Weggefährten und Zeitgenossen angebracht. "Ein komplizierter Charakter. Ein Schwein und eine Perle", urteilte eine seiner Geliebten, die englische Schriftstellerin Beatrice Hastings.
Einheit von Zeichnung und Skulptur
Die von Christoph Vitali kuratierte Schau folgt chronologisch eng dem Lebensweg. Sie beginnt mit den frühen "Karyatiden", ursprünglich weibliche Portalfiguren in der griechischen Architektur, die eine Einheit von Zeichnung und Skulptur zeigen.
Es folgen Porträts etwa von Pablo Picasso und dem Kunsthändler Max Jacob, die zu Modiglianis Weggefährten in Paris gehörten. Ein Porträtraum ist Geliebten gewidmet. Zentraler Anziehungspunkt der Ausstellung sind großzügig gehängte, bekannte Ölakte aus der Zeit von 1916 und 1917, etwa der "Liegende Akt (Celine Howard)".
"Eine singuläre Figur"
Modigliani hatte in Paris ein Atelier auf dem Montmartre und bewegte sich in der avantgardistischen Künstler-Boheme um Picasso.
"Modi", wie der Italiener in Paris genannt wurde, suchte und fand aber seinen eigenen Stil. "Er schuf einen einzigartigen Formenkanon und war eine singuläre Figur", sagte Kokuratorin Susanne Kleine.
Seine Frauen malte Modigliani unverwechselbar - mit apricotfarbener Haut, gestreckten Hälsen und Gesichtern und kleinen, leeren Augen. Sie wirken wie klassische, statuenförmige Schönheiten, eher ehrenhaft denn lasziv, scheinen sich aber klaren Situationsdeutungen zu entziehen.
Skandal um Aktbilder
Das Leben des Künstlers war von Krankheiten, Ausschweifungen, Zweifel und Armut geprägt, die Anerkennung zu Lebzeiten war bescheiden. Als Ende 1917 in der ersten Einzelausstellung Modiglianis zu Lebzeiten in der Galerie Berthe Weill in Paris neben Porträts auch Akte auf Leinwand zu sehen waren, sorgte das für einen Skandal.
Tragisches Schicksal
Die innigsten Porträts entstanden, nachdem Modigliani Anfang 1917 die junge Kunststudentin Jeanne Hebuterne kennenlernte, die sein wichtigstes Modell wurde.
Einen Tag nach dem Tod ihres Mannes durch eine lange Tuberkuloseerkrankung beging sie im Jänner 1920 Selbstmord. Ein in Bonn ausgestelltes Porträt zeigt Hebuterne, mit der Modigliani eine gemeinsame Tochter hatte, sittsam am Bettrand sitzend.
Ausstellungshinweis
Amedeo Modigliani, bis 30. August, Bundeskunsthalle Bonn, täglich außer montags 10.00 bis 19.00 Uhr, dienstags und mittwochs bis 21.00 Uhr. Zur Ausstellung ist bei DuMont ein Katalog (224 Seiten, 39,95 Euro) erschienen.
Links:
- Bundeskunsthalle Bonn
- Modigliani-Biografie (Wikipedia)