Während Österreich heuer hauptsächlich im Zeichen Haydns steht, wird international auch Händel groß gefeiert.
Geburtshaus renoviert
Im deutschen Halle an der Saale wird am Dienstag, Händels 250. Todestag, sein acht Monate lang geschlossenes Geburtshaus wiedereröffnet - mit rekonstruierter Fassade und modernisierter Dauerausstellung, in der zusätzlich drei Monate lang rare Handschriften Händels aus London für einen Besucheransturm sorgen sollen.
Daneben gibt es Händel auf allen Kanälen. Aufführungen im Fernsehen, CD-Einspielungen und Biografien - im Jubiläumsjahr wird der Komponist zum Superstar.
Ein "einsamer Mensch"
Dabei war der Meister aus Halle ein "einsamer Wolf", wie der Musikwissenschaftler Franzpeter Messmer schreibt. In einer neuen Biografie ("Georg Friedrich Händel", Artemis & Winkler) rückt Messmer das Händel-Bild etwas zurecht.
Der korpulente Mann, der freundlich aus den Porträtgemälden blickt, war ein von persönlichen Konflikten beladener Mensch. Das Denkmal bekommt dadurch keinen Riss, es wird nur menschlicher.
Viel Speis, viel Trank
Und laut einer neuen Studie des US-amerikanischen Händel-Forschers David Hunter war der Komponist "Komaesser" und "Problemtrinker". Sein legendär großer Appetit soll zu einer Bleivergiftung geführt haben, die für die gesundheitlichen Probleme Händels verantwortlich gewesen sei, zitiert die Londoner "Times" den Experten.
Besonders in seinen späteren Jahren in London wurde er zwischen seinem Anspruch und den Erwartungen des Publikums zerrieben - und versuchte, dem Erwartungsdruck mit reichlich Alkohol und Essen zu entfliehen.
Gegen Gönner
Wie kaum ein anderer Komponist der Barockzeit wollte Händel früh die Abhängigkeit von den feudalen Gönnern abschütteln. Vergeblich mühte sich Preußens König Friedrich I., selber ein begnadeter Flötist, dem jungen Händel eine Ausbildung in Italien zu finanzieren.
Händel und sein Vater, von Beruf Barbier und Arzt, schlugen das Angebot aus. Erst Jahre später kam Händel nach Rom und stieg von dort aus in die Riege von Europas berühmtesten Komponisten auf.
Der Provinz entkommen
Sein Zeitgenosse Johann Sebastian Bach (1685-1750) musste sich zeitlebens den Launen bei Hofe und der Willkür der Kirche beugen und verließ nie seine Heimat. Händel entkam in jungen Jahren der Enge der Provinz. Mit untrüglichem Riecher für den Publikumsgeschmack entwickelte er sich vom Hofmusiker zum Musikunternehmer.
Tugend vs. Laster
1705 wurde seine erste Oper "Almira" in Hamburg umjubelt. Ein Jahr später zog er nach Italien. In Rom musste er sich der Allmacht der Kurienkardinäle unterwerfen, die Opernaufführungen verboten hatten. Für die Mäzene aus der Kurie schuf er Dutzende weltlicher Kantaten.
In Titeln wie "Der Triumph der Zeit und der Enttäuschung", deren Texte oft die Kardinäle selbst verfassten, treten Tugend und Laster als mythische Gestalten gegeneinander an. Händel steuerte den opulenten Klang bei, der Klerus war beeindruckt.
Opern am laufenden Band
Erst im bürgerlichen London, wo Händel die zweite Hälfte seiner 74 Lebensjahre verbrachte, eröffnete sich ihm die ersehnte Unabhängigkeit.
Als George Frideric Handel, wie er sich seit seiner Einbürgerung 1727 nannte, komponierte er Opern am laufenden Band. Insgesamt 46 Stücke für das Musiktheater schrieb er, Heldensagen wie das Drama des Kreuzfahrers Rinaldo ebenso wie "Die Krönung der Popea".
Duell der Kastraten
Im Frühjahr 1719 gründete Händel ein neues Opernunternehmen am King's Theatre. Für seine neue Royal Academy of Music stellte er eine Sängertruppe zusammen, zu der auch der berühmte Kastrat Senesino gehörte. Zwar feierte Händel mit Opern wie "Giulio Cesare", "Tamerlano" und "Rodelina" rauschende Erfolge.
Doch das Publikum wandte sich politisch-satirischen Stoffen zu, wie etwa John Gays "Bettleroper", später Vorbild für Bertolt Brechts "Dreigroschenoper". Außerdem bekam seine Compagnie Konkurrenz, und es kam zum berühmten Kastratenduell zwischen Senesino und dem Rivalen Farinelli.
Bankrott und krank
Mit 52 Jahren stand Händel mit seinem Unternehmen vor einem finanziellen Scherbenhaufen. Ein Schlaganfall lähmte ihn für Monate. Zumindest musikalisch hatte er vorgesorgt und sich intensiv mit der Kunst der Oratorien beschäftigt.
Wie in der Oper ließ Händel die Sänger vor dem Orchester aufstellen und auf Englisch singen. Mit Hilfe seines Librettisten Charles Jennens knüpfte er wieder an frühere Erfolge an: Oratorien wie "Israel in Egypt" und "Saul" wurden zu Publikumsrennern, auch weil sie gekonnt mit der Rivalität zwischen Katholiken und Anglikanern spielten.
Drei Wochen für den "Messias"
Für sein wohl berühmtestes Werk, den "Messias", brauchte Händel kaum mehr als drei Wochen. Jennens musste ihn aber zunächst dazu überreden, denn Händel wollte eigentlich nicht mehr komponieren. Nach der Uraufführung in Dublin erklang das Werk im März 1743 erstmals in London.
Zunehmend geplagt von einer schleichenden Erblindung, zog sich Händel privat immer mehr zurück. Aber noch eine Woche vor seinem Tod am 14. April 1759 saß er bei einer Aufführung des "Messias" an der Orgel.
Links:
- Biografie (Wikipedia)
- Händel-Haus in Halle
- "Times"-Artikel