Streitobjekt Dornenkrone

Das umstrittene Leidenssymbol aus Metall soll heuer mit Rosen ergänzt werden.
Tirol ist im Andreas-Hofer-Fieber. 200 Jahre nach dem Aufstand des gottesfürchtigen Wirts, Schützenleutnants und Freiheitskämpfers gegen Napoleons bayrisch-französische Truppen begeht "das ganze Land" - also Nord-, Süd- und Osttirol - ein Hofer-Gedenkjahr. An der Jahreszahl 1809 kommt heuer in Tirol niemand vorbei.

Der Südtiroler Extrembergsteiger Reinhold Messner huldigt in seinem Messner Mountain Museum Firmian auf Schloss Sigmundskron bei Bozen dem Gedenkjahr etwa mit einer Ausstellung unter dem markigen Titel "Ein Bergvolk wehrt sich".

Bald überdrüssig?
Die Südtiroler Wochenzeitschrift "ff" prognostizierte, dass man "ob der Fülle an Veranstaltungen spätestens um die Jahresmitte der Gedenkschlacht überdrüssig sein dürfte". Das scheint plausibel: Denn rund um die bekanntesten Hofer-Symbole haben sich teilweise bizarr anmutende Regionalpossen entwickelt.

Da ging es einerseits um die "Dornenkrone", andererseits um das Riesenrundgemälde in Innsbruck.

Bei zwei Festumzügen im Einsatz
Tirols Kulturlandesrätin Beate Palfrader (ÖVP) hatte zwar im Vorfeld erklärt, beim Gedenkjahr solle die Heldenverehrung nicht im Vordergrund stehen, und man wolle Mythen und Erinnerungskultur zeitgemäß reflektieren.

Trotzdem soll die zutiefst umstrittene metallene Dornenkrone, die bei den Festumzügen in den früheren Gedenkjahren 1959 und 1984 von Nord- und Südtiroler Schützen durch Innsbruck getragen wurde, heuer wieder dabei sein.

Eigentlich waren sich Südtirols Landeshauptmann Luis Durnwalder, sein Nordtiroler Kollege Günther Platter (ÖVP) und selbst der Nordtiroler Landesschützenkommandant Otto Sarnthein schon einig, dass die Krone beim Festumzug am 20. September keinen Platz mehr haben solle.

Stiche in der Europafahne
Die Südtiroler Schützen sahen das aber anders: ohne Krone kein Umzug. Bei einem Künstlerwettbewerb kürte man eine neue Krone zum Sieger, bei der die Dornen eine Europafahne durchstechen.

Im Norden wurde parallel dazu ebenfalls ein Wettbewerb ausgeschrieben, dessen Siegerprojekt jetzt als Kompromiss durch Innsbruck getragen werden soll: die Dornenkrone aus dem Jahr 1959, zugedeckt von 2009 Rosen als Symbol für die Zukunft.

"Weist in die Zukunft"
In Tirol scheint man in erster Linie froh darüber zu sein, wenigstens irgendeine Einigung erzielt zu haben. "Die Strahlkraft der neuen Krone weist klar in die Zukunft, und das Alte ist ohne das Neue nicht mehr denkbar", jubelte die "Tiroler Tageszeitung" nach der Präsentation der "Rosenkrone".

Andere sprechen hingegen von einer halben Sache. Rolf Steininger, Zeitgeschichteprofessor an der Universität Innsbruck, hält die Metallskulptur trotz des rosigen Updates für "kein zeitgemäßes Symbol", wie er dem ORF Tirol sagte.

Rundgemälde darf umziehen
Zumindest die zweite Debatte über das Riesenrundgemälde, das ein Panorama der Bergiselschlacht zeigt, ist vorerst beendet. Laut Bescheid des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur darf das Gemälde unter strengen Auflagen von seinem jetzigen Standort im Innsbrucker Stadtteil Saggen auf den Bergisel übersiedelt werden.

Das Land Tirol hegt seit Jahren Pläne, dort ein neues Ausstellungshaus für das monumentale Gemälde zu errichten - Arbeitstitel: "Museum für Traditionskultur". Denkmalschützer und prominente Kulturschaffende sprachen sich stets gegen den Umzug aus.

"Geschichte trifft Zukunft"
Insgesamt begeht Tirol das laufende Andreas-Hofer-Gedenkjahr mit 100 Kulturprojekten aus allen Sparten, das Motto lautet "Geschichte trifft Zukunft". Besonders im Theater- und im Ausstellungsbereich wird eine große inhaltliche Palette geboten.

Das Tiroler Landesarchiv koordiniert zudem Projekte, mit denen die Ereignisse und der Mythos 1809 aufgearbeitet werden. Das Land Tirol fördert diese Projekte mit insgesamt 300.000 Euro.

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