Greenspans Theorie

Bringt die Wirtschaftskrise das Comeback des Slips?
Viele Indikatoren können herangezogen werden, um den Zustand der Wirtschaft abzubilden: Arbeitslosenzahlen, Handelsbilanzen, Bruttoinlandsprodukt. Doch der ehemalige Chef der US-Notenbank, Alan Greenspan, bevorzugt eine ungewöhnliche Methode: Er beobachtet die Verkaufszahlen von Männerunterhosen.

Greenspan, berühmt für seine rätselhaften Redewendungen und sperrigen Satzkonstruktionen, hat in seiner Autobiografie "The Age of Turbulences" (Mein Leben für die Wirtschaft) einige überraschend einfache Theorien aufgestellt. Die berühmteste davon griff der Journalist Robert Krulwich 2008 in einem Interview für den Radiosender NPR wieder auf.

Die Greenspan'sche Unterhosentheorie
Demnach brauche man sich nur die Verkaufszahlen von Männerunterhosen anzusehen, um zu wissen, wie es um die Wirtschaft bestellt sei. Laut Greenspan ist bereits ein geringfügiger Rückgang ein sicheres Zeichen dafür, dass die Krise bei den Menschen angekommen ist.

"Wenn man sich die Verkaufszahlen von Männerunterwäsche ansieht, dann lassen sie sich am besten als flache Linie abbilden, die sich kaum ändert", geht Krulwich ins Detail. "Wenn die Kurve nach unten geht, dann zu Zeiten, wenn Männer finanziell so sehr in der Klemme stecken, dass sie sich nicht einmal mehr neue Unterhosen kaufen können."

Absatz geht zurück
Und die harten Zeiten sind längst da. Arthur Delaney zitiert im Online-Portal Huffington Post eine aktuelle Studie des Marketingunternehmens Mintel, der zufolge der Unterhosenabsatz 2009 in den USA stark einbrechen wird.

Die Untersuchung, die am Donnerstag präsentiert wurde, sagt einen Rückgang bei Unterhosen von 2,3 Prozent voraus. Das ist umso alarmierender, als Mintel noch im November 2008 für heuer einen Anstieg von 2,6 Prozent prognostiziert hatte. Und das für einen Markt, der fast keinen Schwankungen unterworfen ist.

Krisensicheres Produkt
"Männerunterwäsche ist vielleicht das krisensicherste Produkt in der Bekleidungsindustrie", zitierte Huffington Post den Sprecher der Wäschefirma Hanesbrands, Matt Hall. Während Damen- und Kinderbekleidung stark von Modeströmungen, Jahreszeiten und Einkommen abhängig seien, würden Männerunterhosen immer gekauft.

Lebensdauer wird verlängert
Und genau hier setzt Greenspans Theorie an. Er geht davon aus, dass die wenigsten gänzlich auf Unterhosen verzichten werden. Es kann also nur die Lebensdauer einer Hose verlängert werden. Aber wie Krulwich gegenüber dem Radiosender NPR erklärte, tragen Männer ihre Unterwäsche meist sowieso, bis sie völlig abgenutzt ist. Geht der Verkauf trotzdem zurück, dann hat die Rezession bereits mit voller Härte zugeschlagen.

Kein Totalverzicht
"Wenn hier die Zahlen nach unten gehen, dann liegt es an der wirtschaftlichen Situation", bestätigte Hall. Er geht aber davon aus, dass sich der Verkauf rasch wieder einpendeln wird. Denn auch er ist sich sicher: Gänzlich auf Unterhosen verzichten werden die Männer selbst in der schlimmsten Rezession nicht.

Comeback des Slips
Und tatsächlich, ein genauer Blick in die Mintel-Studie zeigt einen leichten Lichtstreif am "Unterhosenhorizont". Doch der kommt etwas unerwartet. Denn ausgerechnet der Slip könnte im Vergleich zu Boxershorts die Krise besser überstehen. Der Verkauf soll 2009 sogar um 0,6 Prozent zulegen.

Und auch Produzenten von hochwertiger Unterwäsche verzeichnen ganz entgegen dem Trend eine stärkere Nachfrage. Robert Clark von der Designerwäschefirma Skiviez erklärte gegenüber Huffington Post: "Wir hatten damit gerechnet, dass der Verkauf zurückgehen wird, aber das Gegenteil ist der Fall. Wir sind sehr zufrieden."

Ein kleines bisschen Luxus
Die Erklärung, die Clark für den unerwarteten Erfolg hat, bestätigt aber nur, wie tief die Amerikaner in der Krise stecken. "Meiner Meinung nach wollen sich die Leute auch in Krisenzeiten mit Luxusgütern verwöhnen", so Clark. "Doch wenn das Geld für eine 170 Dollar teure Jeanshose fehlt, kauft man sich einfach für 20 Dollar schöne neue Unterwäsche."

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