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©Bild: APA/EPA/Cornel Ciobanu |
Durch eingeschlagene Scheiben kletterten sie in das Gebäude in der Hauptstadt Chisinau und schleuderten Stühle, Tische und Papier aus den Fenstern. Vor dem Parlament entfachten sie ein großes Feuer, in dem sie das Mobiliar und andere Gegenstände verbrannten.
Einer kleinen Gruppe gelang es auch, in das Büro von Präsident und Kommunistenchef Vladimir Voronin einzubrechen.
Eine Tote, Dutzende Verletzte
Mindestens 60 Menschen, darunter viele Polizisten, wurden verletzt, wie Rettungskräfte laut der Agentur Interfax mitteilten. Eine Frau kam Medien zufolge ums Leben. Der staatliche Sender Moldova 1 berichtete am Dienstag unter Berufung auf die Polizei, eine junge Frau sei im Parlamentsgebäude an einer Kohlenmonoxid-Vergiftung gestorben.
Straßenschlachten mit der Polizei
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©Bild: APA/EPA/Cornel Ciobanu |
"Sie haben alle gekauft"
Die Demonstranten trugen moldawische und europäische Fahnen und skandierten anti-kommunistische Parolen. "Die Wahl ist von den Kommunisten kontrolliert worden, sie haben alle gekauft", sagte ein Student.
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©Bild: APA/Cornel Ciobanu |
Forderung nach Neuwahlen
Die Proteste begannen friedlich, die Stimmung schlug aber um, als einige der Demonstranten Steine auf den Präsidentensitz schleuderten. Die Opposition forderte, die Wahl neu auszutragen, nachdem wieder Ruhe eingekehrt sei.
"Wir fordern, dass eine neue Wahl abgehalten wird. Und wir werden sie gewinnen", sagte Serafim Urecheanu von der Partei Unser Moldawien bei einer Kundgebung nahe dem Ort des Protests.
Keine Einigung auf Neuauszählung
Einer Agenturmeldung zufolge verständigten sich Opposition und Behörden am Abend auf eine neue Stimmauszählung.
Ein Sprecher der Opposition teilte unterdessen mit, man habe sich nicht mit der Regierung auf eine Neuauszählung der Stimmen von der Parlamentswahl am vergangenen Sonntag einigen können. Die Proteste würden weitergehen. Man rufe aber die Demonstranten zu Gewaltlosigkeit auf.
Präsident: Opposition will Land "destabilisieren"
Nach den gewaltsamen Protesten warf Voronin der Opposition vor, sie wolle das Land "destabilisieren". Die "Hintermänner" der Proteste hätten das "Ziel", das Land zu destabilisieren, sagte Voronin am Dienstag. Ein führender Vertreter der Kommunistischen Partei erklärte, die Opposition versuche einen "Staatsstreich". Voronin rief Dienstagabend in einer Fernsehansprache die Opposition auf, "den Putschversuch" sofort zu beenden.
Kommunisten gewannen Urnengang
Die seit acht Jahren allein regierenden Kommunisten waren als stärkste Kraft aus der Parlamentswahl am Sonntag hervorgegangen. Sie können demnach weiter alleine regieren.
Die erste Aufgabe des neuen Parlaments wird die Wahl eines Staatspräsidenten sein. Amtsinhaber Voronin kann nicht für eine dritte Amtszeit in Folge antreten.
Opposition weit abgeschlagen
Die zersplitterten Oppositionsparteien waren am Sonntag weit abgeschlagen. Die Liberale Partei erhielt knapp 13 Prozent der Stimmen, die Liberal-Demokratische Partei kam auf 12,2 Prozent und Unser Moldawien auf 9,9 Prozent.
Sie treten alle für die Annäherung der ehemaligen Sowjetrepublik an die Europäische Union und auch für einen NATO-Beitritt des Landes ein. Die Wahlbeteiligung lag bei mehr als 59 Prozent.
EU zeigt sich besorgt
Die Europäische Union zeigte sich sehr besorgt über die Ausschreitungen in Moldawien und rief zu einem sofortigen Ende der Gewalt auf.
Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana verurteilte die Erstürmung des Parlaments und des Präsidentensitzes am Dienstag in Brüssel als "inakzeptabel". Zugleich rief er die Regierung auf, das Versammlungsrecht friedlicher Demonstranten zu achten.
Warnung vor Eskalation
Der deutsche Wahlbeobachter Manfred Grund, der als CDU-Politiker im deutschen Bundestag Länderbeauftragter für Moldawien war, schloss unterdessen eine Eskalation der Lage nicht aus. "Die Stimmung heizt sich weiter auf", berichtete Grund.
Russlands Präsident Dimitri Medwedew drängte seinen moldawischen Kollegen laut Kreml, die Krise schnell und friedlich beizulegen.
OSZE: Viele westliche Standards erfüllt
Der Urnengang wurde von rund 200 Wahlbeobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) überwacht. Die Mission kam zum Schluss, dass die Wahl "viele" internationale Standards erfüllt habe.
Dennoch seien weitere Verbesserungen notwendig, damit ein Wahlprozess frei von übermäßiger Behördenintervention gewährleistet werden könne und das öffentliche Vertrauen gestärkt werde.
Im Zuge des Wahlkampfs sei oft die Rede von Einschüchterungsversuchen von Kandidaten und Wählern gewesen sowie davon, dass behördliche Ressourcen missbraucht würden. Die internationalen Beobachter hätten einige dieser Anschuldigungen verifizieren können, hieß es.
Transnistrien-Konflikt noch nicht gelöst
Die einst pro-russischen Kommunisten vollzogen vor vier Jahren eine Kehrtwende Richtung EU, um dem Land Wirtschaftshilfen zu sichern - bei gleichzeitiger strategischer Partnerschaft mit Moskau. Der Weg in Richtung EU wird aber durch den Konflikt um die abtrünnige Region Transnistrien ("Dnjestr-Republik") blockiert, den Voronin bisher nicht lösen konnte.
Eines der ärmsten Länder Europas
Moldawien ist Mitglied des NATO-Programms "Partnerschaft für den Frieden" (PfP). Eine Vollmitgliedschaft in der Allianz lehnen die regierenden Kommunisten ab.
Mit einem monatlichen Durchschnittseinkommen von umgerechnet 260 Euro gehört die ehemalige Sowjetrepublik zu den ärmsten Ländern Europas.
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