Weitere Nacht in Haft

Geld soll aus Liechtenstein überwiesen worden sein.
Julius Meinl V. muss vorerst doch in U-Haft bleiben. Zwar ist es Meinl gelungen, die verhängte Kaution von nicht weniger als 100 Millionen Euro in kürzester Zeit auf das Konto des Oberlandesgerichts zu überweisen, deren Sicherung soll nun aber überprüft werden.

"Aus Sicht der zuständigen Richterin gab es keine ausreichende Garantie, dass die Kaution von 100 Mio. Euro unwiderruflich am Konto des Oberlandesgerichts eingelangt wäre", sagte der Sprecher des Wiener Straflandesgerichts, Christian Gneist.

Rückruf wäre möglich
Bei der Kaution soll es sich um keine Bankgarantie, sondern um die Überweisung einer liechtensteinischen Bank auf das Gerichtskonto bei der BAWAG P. S. K. handeln.

Das Geld stammt laut Meinl Bank "aus privater Quelle", die Bank soll diese Überweisung nur bestätigt haben. Nach Ansicht der Richterin sind aber weitere Prüfungen nötig, weil die Modalitäten bei der Transaktion es ermöglicht hätten, dass das Geld binnen 24 Stunden zurückgerufen wird.

Entlassung frühestens am Freitag
Aus derzeitiger Sicht ist - sollte bei der Hinterlegung der Kaution alles mit rechten Dingen zugegangen sein - mit der Enthaftung des Bankers, für den die Unschuldsvermutung gilt, frühestens am Freitagvormittag zu rechnen. Er muss er also seine zweite Nacht in der Justizanstalt Wien-Josefstadt verbringen.

Zunächst hatte es noch geheißen, Meinl könnte mit der Zahlung der Kaution freikommen, wenn er zusätzlich seinen Reisepass abgibt, sich dem weiteren Strafverfahren stellt und dem Gericht laufend über seinen jeweiligen Aufenthaltsort berichtet.

Falls der Banker nach seiner Enthaftung gegen die Auflagen verstößt und sich ins Ausland absetzen sollte, um sich dem laufenden Strafverfahren zu entziehen, würde die Kaution verfallen. "Das Geld würde in diesem Fall dem Bund zugesprochen und zur Befriedigung der Opfer herangezogen werden", sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Wien, Gerhard Jarosch.

Grasser nicht unter Verdächtigen
Die Staatsanwaltschaft ermittelt im Zusammenhang mit der Affäre um die Meinl European Land (MEL; heute Atrium Real Estate) nicht nur gegen Meinl wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs, Untreue und zahlreicher Verstöße gegen wirtschaftsrechtliche Nebengesetze.

"Rund ein Dutzend Personen werden als Beschuldigte geführt", gab Jarosch bekannt. Namen wollte er nicht nennen. Der ehemalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser befinde sich allerdings nicht unter den Verdächtigen, sagte der Sprecher der Anklagebehörde.

Die Anzahl der Geschädigten sei derzeit nicht absehbar. Auf die Frage nach der Schadenssumme, von der die Staatsanwaltschaft derzeit ausgeht, bemerkte Jarosch: "Diese übersteigt die Höhe der festgesetzten Kaution jedenfalls bei weitem."

Stundenlang einvernommen
Meinl war Mittwochabend verhaftet worden, nachdem er zuvor von Ermittlern stundenlang einvernommen worden war. Jarosch hatte das mit Fluchtgefahr begründet.

Laut der Staatsanwaltschaft habe die "verdichtete Beweislage" dazu geführt, dass im Wiener Straflandesgericht die Handschellen klickten. Die Justiz befürchtete, der Banker könnte sich ins Ausland absetzen, "da er erkennen musste, dass sich für die ermittelnden Behörden in den vergangenen Wochen der Verdacht mehr als erhärtet hatte".

Die Causa sei eine "komplexe Sache", heißt es aus der Staatsanwaltschaft, nach der es mehrere Verdachtsmomente gegen Meinl gibt. Meinls Anwalt, Herbert Eichenseder, weist hingegen alle erhobenen Vorwürfe zurück - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

"Widerliches Sittengemälde"
Als "ungeheuerlich" bezeichnet FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache die nun offenbar bevorstehende Freilassung von Julius Meinl. "Die Hunderten Millionen Euro, die er den Kleinanlegern gestohlen hat, benutzt er jetzt offenbar dafür, sich aus der Haft freizukaufen." Der Fall Meinl sei "ein wirklich widerliches Sittengemälde", so Strache Donnerstagnachmittag in einer Aussendung.

Die Grünen hätten immer wieder auf mögliche "Meinl-Malversationen", beispielsweise bei Aktienrückkäufen rund um MEL, hingewiesen, betonte der grüne Budgetsprecher Werner Kogler. Zudem fordern die Grünen anlässlich der Meinl-Festnahme stärkere Transparenz- und Offenlegungspflichten sowie besseren Kleinanlegerschutz für den österreichischen Kapitalmarkt.

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