"Erster Schritt"

Fall an Pinochet-Jäger Garzon übergeben.
Sechs Vertretern der alten US-Regierung drohen laut einem Zeitungsbericht rechtliche Schritte wegen des Vorwurfs der Folter im Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba.

Wie die "New York Times" ("NYT") am Samstag berichtet, leitete der Nationale Gerichtshof Spaniens erste rechtliche Schritte ein und übergab den Fall an Ermittlungsrichter Baltasar Garzon.

Garzon machte sich international mit seinem Einsatz für Opfer von Diktaturen und mit dem Haftbefehl für den chilenischen Ex-Diktator Augusto Pinochet einen Namen.

Anklageschrift verfasst
Sollte es zu einem Ermittlungsverfahren kommen, stehe im Mittelpunkt die Frage, ob die ehemaligen US-Regierungsvertreter - darunter auch Ex-Justizminister Alberto Gonzales - gegen internationales Recht verstießen, indem sie juristische Mittel zur Rechtfertigung von Folter in dem umstrittenen Gefangenenlager geschaffen hätten.

Laut "NYT" wurde von spanischen Juristen unter Mithilfe von Experten aus den USA und Europa eine 98 Seiten umfassende und auf der Genfer Konvention und der von den Vereinten Nationen (UNO) 1984 verabschiedeten Anti-Folter-Konvention basierende Anklageschrift verfasst.

Garzon müsse nun entscheiden, ob er diese Klagen zulässt. Er habe laut dem Zeitungsbericht die Klageschrift bereits zur Prüfung an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Spanien kann eine juristische Zuständigkeit beanspruchen, weil fünf Staatsbürger oder Einwohner den Vorwurf erhoben hatten, in Guantanamo gefoltert worden zu sein.

Nur Symbolcharakter?
Laut einem mit dem Fall vertrauten Juristen sei es "sehr wahrscheinlich", dass weiter ermittelt werde, und es auch Haftbefehle geben könnte, wie die "NYT" weiter berichtet.

US-Experten gaben gleichzeitig zu bedenken, dass selbst Haftbefehle in der Causa nur symbolischen Charakter haben könnten.

Ex-US-Regierungsjurist bestätigt Folter
Ein früherer Jurist des US-Außenministeriums bestätigte unterdessen, dass die US-Regierung nach den Anschlägen vom 11. September 2001 Gefangene foltern ließ.

Vijay Padmanabhan, der im Außenministerium für Verfahren in Guantanamo zuständig war, sagte der Nachrichtenagentur AP in San Juan, das Gefangenenlager für ausländische Kämpfer auf Kuba sei "eine der schlimmsten Überreaktionen der Bush-Regierung" gewesen.

Der frühere US-Präsident George W. Bush und seine zuständigen Minister wiesen Foltervorwürfe zurück. Padmanabhan ist nun aber mindestens der zweite ehemalige Insider, der bestätigt, dass die von der Regierung zugelassenen erweiterten Verhörmethoden Folter gewesen seien.

Der Jurist sagte weiter, es sei von der Bush-Regierung unklug gewesen, zu erklären, die Gefangenen in Guantanamo seien außerhalb des US-Rechts, internationaler Gesetze und der Genfer Konventionen.

Schließung angeordnet
Der neue US-Präsident Barack Obama hatte kurz nach seinem Amtsantritt die Schließung von Guantanamo bis Jänner 2010 angeordnet und damit eine Kehrtwende in der Anti-Terror-Politik seines Vorgängers vollzogen.

Ungeklärt ist noch die Frage nach dem Verbleib der Häftlinge, die etwa wegen drohender Folter nicht in ihre Heimatländer zurückkehren können. Innerhalb der EU ist die Aufnahme von Guantanamo-Insassen umstritten.

Bisher erklärten sich nur wenige Länder wie etwa Spanien dazu bereit. Auch die Schweiz überlegt eine Aufnahme, Österreich blieb bisher zurückhaltend.

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