In den teilweise zerstörten Nachbarhäusern wurde am Dienstagabend noch nach drei Vermissten gesucht. Sie hätten sich möglicherweise in einer Spielhalle und in Wohnungen in einem teilweise eingestürzten Nebengebäude des Archivs aufgehalten, sagte Feuerwehrsprecher Daniel Leupold. Zuvor war noch von neun Personen die Rede, sechs Menschen meldeten sich aber inzwischen bei den Behörden.
In ersten Spekulationen wurde davon ausgegangen, dass angrenzende U-Bahn-Bauten den Einsturz ausgelöst haben könnten. Der U-Bahn-Tunnel verläuft direkt neben der Unglücksstelle.
"Fassade begann zu bröckeln"
"Am Unglückshaus sieht es aus wie nach einem Erdbeben", sagte Polizeisprecher Wolfgang Baldes in einer ersten Reaktion. Die Trümmer bedeckten nach seinen Worten eine Strecke von 50 bis 70 Meter.
Gegen 14.00 Uhr verwandelte sich das vierstöckige Gebäude binnen weniger Minuten in einen Schuttberg. Eine Besucherin des Archivs, die sich zum Zeitpunkt des Einsturzes direkt vor dem Eingang des Archivs befunden hatte, schildert die dramatischen Minuten: "Als ich zu dem Gebäude hochschaute, begann die gesamte Fassade zu bröckeln."
Ein Anrainer berichtete, dass kurz vor dem Einsturz ein Knarren und Poltern zu hören gewesen sei. Dann hätten sich plötzlich Risse in seiner Zimmerdecke gebildet. In letzter Minute konnte sich der Mann ins Freie retten.
Ein Ehepaar vermisst
Die Feuerwehr war mit rund 180 Einsatzkräften im Großeinsatz. Die umliegenden Häuser wurden wegen "akuter Einsturzgefahr" evakuiert und die Gegend großräumig gesperrt.
Laut Leupold hatten sich alle Bedienstete und Nutzer des Archivs in Sicherheit bringen können. In dem Nachbarhaus mit Wohnungen war mit Spürhunden nach einem Ehepaar gesucht worden, das in den Trümmern vermutet wurde.
Trümmer auf U-Bahn-Baustelle
Die Trümmer der Häuser sind laut Feuerwehr auch auf eine nahe gelegene U-Bahn-Baustelle gestürzt und hätten dort die Decke der Baustelle durchschlagen. Verletzt wurde auf der Baustelle niemand.
Eine Sprecherin der Kölner Verkehrsbetriebe, Gudrun Meyer, dementierte gegenüber n-tv umgehend einen Zusammenhang mit den aktuellen Bauvorhaben: "Mir sind keine Arbeiten bekannt, die das momentan hätten verursachen können."
Einsturz "absehbar"
Nach Ansicht eines langjährigen Abteilungsleiters war der Einsturz des Kölner Stadtarchivs eine "absehbare Katastrophe". Es habe im Vorfeld klare Warnungen gegeben, sagte Eberhard Illner im Deutschlandradio Kultur. Er selbst habe im Sommer letzten Jahres Senkungsrisse im Keller festgestellt und das auch an die Archivleitung weitergegeben.
Das 1971 errichtete Archiv wurde wegen seiner Konstruktion lange als Vorbild für viele Archivbauten in aller Welt gesehen. Doch das jetzt seit 38 Jahre im Gebrauch stehende Gebäude war nur auf eine Nutzungsdauer von 30 Jahren konzipiert. Da die Aufnahmekapazität schon 1996 erreicht wurde, mussten erste Bestände bereits ausgelagert werden.
Rund 780 Nachlässe und Sammlungen
Das "Gedächtnis" der Stadt Köln umfasste zum Zeitpunkt des Einsturzes 65.000 Urkunden ab dem Jahr 922, 104.000 Karten und Pläne, 50.000 Plakate und rund eine halbe Million Fotos. Zudem waren dort 780 Nachlässe und Sammlungen, unter anderem von Literaturnobelpreisträger Heinrich Böll, gelagert worden.
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