Der Tausendsassa aus Leiden

Rembrandt als Ausnahme in einer Zeit der "Fachmaler".
Rembrandt Harmenszoon van Rijn ist 35 Jahre alt gewesen, als ihn der Bürgermeister seines Geburtsortes Leiden am Rhein als "einen der berühmtesten Maler unseres Jahrhunderts" bezeichnet hat.

Rembrandt mag am Ende seines Lebens in Armut gelebt haben, zu seiner Blütezeit war er ein gefeierter Kunststar. Aber war er auch ein typischer Vertreter seiner Zeit?

Höchstleistungen in allen Genres
Diese Frage will die Wiener Albertina jetzt mit der Ausstellung "Das Zeitalter Rembrandts" beantworten, die bis zum 21. Juni in der Basteihalle zu sehen ist.

Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder sieht Rembrandt eindeutig als Ausnahme: "Während sich die Kunst in den Niederlanden im 17. Jahrhundert mehr und mehr in Fachmaler differenzierte, hat Rembrandt in allen Genres Höchstes geleistet, im Stillleben wie in der Landschaft, in der Malerei wie in der Zeichnung."

Abkehr vom Adel
Im Zentrum des Goldenen Zeitalters der niederländischen Kunst stand die Abkehr von adeliger Ikonographie und Manierismus und die Ausrichtung des Kunstmarkts auf das Bürgertum und den anbrechenden Realismus.

Stillleben, Landschaften bei Nacht und Tag sowie zu allen Jahreszeiten, Bauerndarstellungen und Alltagsszenen wurden nachgefragt, die Künstler spezialisierten sich zunehmend auf Motive und Techniken.

Rembrandt hingegen war ein Tausendsassa, er malte und zeichnete Porträts, biblische Szenen, Landschaften und Tiere. Und er passte seine Technik jeweils dem Motiv an: feine Federstriche für die Schwarte eines Schweines, eine weiche Tuschezeichnung für das dichte Fell eines Löwen.

Über 70 Künstler
Werke von über 70 Künstlern - laut Schröder einer "Fülle von 'No-Names'" - sind in der Albertina zu sehen, hauptsächlich kleine bis mittelgroße Zeichnungen, Radierungen, Drucke und einige Gemälde.

Darunter sind Marinebilder wie die "Seelandschaften mit Seglern" von Salomon van Ruysdael, oft augenzwinkernde Beiträge zum "Bauerngenre" und Werke einzelner herausstechender Persönlichkeiten wie Jan van Goyen.

Vielfältig in Themen und Technik
Dem Publikumsmagneten Rembrandt van Rijn selbst sind in der weitläufigen Ausstellung zwei Räume gewidmet, die sein Schaffen aus den Jahren um 1626 bis 1660 abbilden.

Allein 85 Selbstbildnisse schuf Rembrandt, gleichzeitig experimentierte er mit biblischen Motiven wie der "Auferweckung des Lazarus" und "Christus wird dem Volke vorgeführt", mit Tierdarstellungen wie dem berühmten "Elefant" und sozialen Studien wie der "Bettlerfamilie an der Haustür".

Mit diesen Darstellungen ist er einerseits fest in seiner Zeit und ihrem Kunstgeschmack verwurzelt, andererseits hebt er sich durch die Vielfältigkeit seines Schaffens und durch die Technik, die "innige Verschmelzung von Malerei, Zeichnung und Druckgrafik", wie Schröder erläuterte, davon ab.

Sammlung des Albertina-Gründers
Rund 150 Werke aus dem Bestand der Albertina wurden um etwa 40 Ölbilder ergänzt. Als letzter Generalgouverneur der Österreichischen Niederlande (bis zum Anschluss an die Französische Republik 1795) trug Albertina-Gründer Herzog Albert von Sachsen-Teschen eine Sammlung "mit ungeheurem Gespür für Qualität" zusammen, erklärte Kuratorin Marian Bisanz-Prakken. Eine Schau dieser Reichtümer aus dem eigenen Haus sei "längst überfällig" gewesen, sagte Schröder.

Ausstellungshinweis
"Das Zeitalter Rembrandts", bis 21. Juni, Albertina Wien, täglich 10.00 bis 18.00, mittwochs bis 21.00 Uhr. Zur Ausstellung ist bei Hatje Cantz ein Katalog (416 Seiten, 29 Euro) erschienen.

Links: