Haider im Mittelpunkt

Kommentatoren sehen Probleme auf SPÖ-Chef Faymann zukommen.
Der Schatten des verstobenen Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider (BZÖ) bei der Landtagswahl und die Verluste der SPÖ stehen im Mittelpunkt der Kommentare zum Wahlsonntag in den österreichischen Tageszeitungen.

"Sonderfall Kärnten"
Michael Völker vergleicht im "Standard" die Situation in Kärnten mit einem "Ausnahmezustand". Kärnten bleibe in jeder Hinsicht ein Sonderfall, denn es sei das einzige Land, in dem das BZÖ eine nennenswerte Kraft ist und sogar den Landeshauptmann stellt.

"Wie seltsam Kärnten ist, wurde auch diesen Sonntag wieder manifestiert." Das BZÖ habe "trotz" Landeshauptmann Gerhard Dörfler im Vergleich zu 2004 noch zugelegt. Aus "ferner Sicht" dürfe man sagen: "eine Witzfigur".

"Bei allem Verständnis für Fasching, Spaß und Kärnten: Ein Politiker, von dem Fotos in derartiger Pose kursieren, wäre in keinem anderen Bundesland als Landeshauptmann tragbar", so Völker.

Die Bestätigung Gabi Burgstallers (SPÖ) in Salzburg hingegen sei "ruhig und nahezu entspannt" gewesen, findet Völker. Dass das Ergebnis von 2004 mit 45 Prozent nicht zu halten sein würde, "war klar". Es sei ihr aber gelungen, eine "Marke Gabi, die Verlässlichkeit suggeriert, zu etablieren".

"Kurier": Mythos Haider
Für "Kurier"-Chefredakteur Christoph Kotanko hat das BZÖ in Kärnten die Wahl mit Haiders Mythos gewonnen. Er ist der Meinung, dass es gereicht hätte, den verstorbenen Landeshauptmann zu plakatieren. "Das sind wir dem Jörg schuldig, dachten sich viele Wähler, und entsprechend hoch war auch die Wahlbeteiligung."

Die zweite Überraschung des Wahlsonntags sei dann das "miserable" Abschneiden der SPÖ gewesen. In Kärnten wäre es Zeit für einen Neuanfang bei den Sozialdemokraten, stellt Kotanko fest. Burgstaller, die wenig Berührungsängste habe, würde versuchen, blaue Wähler anzusprechen - schwankende SPÖ-Wähler würden aber gleich zur FPÖ gehen.

"Klare Verliererin" SPÖ
Michael Sprenger spricht in der "Tiroler Tageszeitung" von "faustdicken Überraschungen" und rechnet mit bundespolitischen Auswirkungen. "Der Kärntner Triumph des BZÖ sorgt für ein gestärktes Selbstbewusstsein bei den Orangen. Ob der Triumph nun einer ist, der eigentlich noch Jörg Haider zugeschrieben gehört, ist dabei irrelevant." Dass BZÖ und FPÖ wieder gemeinsam antreten könnten, glaubt Sprenger - zumindest bis zur nächsten Nationalratswahl - nicht.

Als Sieger könne sich auch die ÖVP fühlen, Bundesparteiobmann Josef Pröll werde dadurch der Rücken gestärkt. "Klare Verliererin" hingegen sei die SPÖ: Weder der "inhaltsleere Wohlfühlwahlkampf" in Salzburg noch der "angriffige Stil" in Kärnten seien angekommen. Das "ewige Lächeln des Bundeskanzlers" habe ebenso wenig für Rückenwind gesorgt, ganz im Gegenteil.

Unangenehme Diskussionen für Faymann?
"Keinen Freudentag für die Großkoalitionäre" ortet Martina Salomon in der "Presse": Kanzler Werner Faymanns (SPÖ) "Strahle-Image" sei gefährdet, aber auch die Schwarzen könnten sich nicht zufrieden zurücklehnen. Das Kärntner Wahlergebnis erklärt sie damit, dass Haiders Charisma offenbar über dessen Tod hinaus gewirkt hat.

Gleichzeitig aber zeige sich, dass es sich beim BZÖ um ein auf Kärnten beschränktes Phänomen handle. Überraschend schlecht sei das Abschneiden der SPÖ: Das Salzburger Ergebnis lasse sich noch halbwegs schönreden, das Abschneiden in Kärnten hingegen sei "desaströs", so Salomon, die für Parteiobmann Faymann mit "unangenehmen Diskussionen" rechnet.

"Sieg aus dem Jenseits"
Andreas Unterberger kommt in der "Wiener Zeitung" zu dem Schluss, dass trotz Überraschungen alles beim Alten bleibe. Beim Kärntner BZÖ-Sieg handle es sich um einen "Sieg aus dem Jenseits", Haider sei der alles überragende Kandidat gewesen. Die Wahl brachte Unterbergers Meinung nach einen "klaren Rechtsruck - ins Nirwana. Denn ein H.-C. Strache hält sich ja wohl selbst nicht für regierungsfähig."

"Letzter Sieg für Haider
Die "Kronen Zeitung" titelt nach den Landtagswahlen in Kärnten und Salzburg mit "Ein letzter Sieg für Jörg Haider": Die Annahme, dass sich der Unfalltod Haiders auf die Landtagswahl auswirken würde, habe sich bestätigt, erklärt "Cato" alias Zeitungschef Hans Dichand.

Als "unerwartet und nicht erfreulich" hingegen bezeichnet er das Ergebnis der SPÖ in Kärnten. Insgesamt würden die beiden Sonntagswahlgänge ein "Näherrücken der beiden Gruppen Schwarz/Rot andeuten, wie dies auch von Werner Faymann begonnen wurde, indem er diese Entwicklung in der Bundesregierung vorweggenommen hat".

Fellner sieht Dörfler als "Landeshauptmann der Herzen"
Auch für Wolfgang Fellner, Herausgeber der Tageszeitung "Österreich", heißt der Wahlsieger Haider. Dieser würde "posthum" ein "Dankeschön" erhalten, so Fellner in einer Vorabmeldung. Inzwischen habe sich aber auch Dörfler zu einem "Landeshauptmann der Herzen" entwickelt. Die SPÖ hingegen habe "ein in diesem Ausmaß verblüffendes Debakel" erlebt.

Der Wahlkampf des Kärntner SPÖ-Chefs Reinhart Rohr sei "volles Rohr" nach hinten losgegangen. Fellner zeigt jedenfalls Mitleid mit Faymann: "Sein Totaleinsatz für die Kärntner Peinlich-Genossen blieb unbedankt." Den Wahlkampf der Salzburger SPÖ-Chefin bezeichnet Fellner als "Katastrophe". Burgstaller habe vier Wochen lang nur Lächeln und Kuscheln demonstriert - und das in Zeiten der Wirtschaftskrise.

SPÖ im "freien Fall"
Die SPÖ befinde sich "im freien Fall" und stecke offensichtlich in einer überraschend schweren Krise, stellt Johannes Huber in seinem Kommentar in den "Vorarlberger Nachrichten" fest. Die Sozialdemokraten müssten alarmiert sein. Möglicherweise sei das die Fantasie- und Substanzlosigkeit der "neuen Politik", die Faymann so gerne verkörpern würde, so Huber.

Koalition gelassen?
Gänzlich anders urteilt Markus Ebert im ÖVP-nahen "Neuen Volksblatt": Die Chefs der Koalitionsparteien könnten nach dem Wahltag "mehr oder weniger gelassen" zur Tagesordnung übergehen, ÖVP-Chef Pröll sei aber in der komfortableren Position.

Das BZÖ bleibe ein Kärntner Phänomen, und die FPÖ wiederum müsse zur Kenntnis nehmen, dass Blau in Kärnten eine Minderheitenfarbe ist. Um einander künftig nicht weiterhin Stimmen wegzunehmen, werde Strache weiter auf eine Zusammenarbeit wie bei CDU und CSU drängen, ist Ebert überzeugt.

Wie geht es weiter in Kärnten?
Kärnten habe sich zum Nachlass eines Toten bekannt, erklärt Reinhold Dottolo in der "Kleinen Zeitung" das Wahlergebnis. Wo immer möglich, habe man versucht, Haider in Erinnerung zu halten: "Was immer man darüber denken mag - die Stoßrichtung war wirksam. Haiders Erben können sich bei ihrem Idol bedanken."

Bei der nächsten Landtagswahl 2014 werde ihnen dieser "Wahlhelfer" allerdings nicht mehr zur Seite stehen, gibt Dottolo zu bedenken. FPÖ-Obmann Strache, der sich ebenfalls als Haider-Erbe angeboten habe, holte sich laut Dottolo im Gegensatz zum BZÖ in Kärnten eine "kräftige Watsch'n".

Bald die nächsten Wahlen
Kaum sind die Wahlen in Kärnten und Salzburg geschlagen, blickt Andreas Koller in den "Salzburger Nachrichten" bereits in die Zukunft, denn für die Bundespolitiker würde die Nagelprobe erst kommen. "Nicht Salzburg und Kärnten, sondern die EU und Wien sind entscheidend", fasst er zusammen.

Vor allem betreffend die Wiener Gemeinderatswahl 2010 würde sich die Frage stellen: "Gelingt es den Regierungsparteien - in Wien ist vor allem die SPÖ gefordert -, den zu erwartenden Siegeszug Heinz-Christian Straches zu stoppen?" Auch die EU-Wahl werde ein "kniffliges Problem" für die SPÖ darstellen. Verliert Faymann die EU-Wahl, müsse er mit dem Nimbus leben, seine ersten Bundeswahlen in den Sand gesetzt zu haben. "Gegen diese Ausgangslage waren Salzburg und Kärnten ein Kinderspiel", so Koller.

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