Der Räuber und der Kommissar

Biggs wurde jahrzehntelang von Scotland Yard gejagt. Brasilien verweigerte die Auslieferung.
Obwohl Ronnie Biggs bereits vier Tage nach dem sensationellen Postraub auf einen Nachtzug von Glasgow nach London im August 1963 von Scotland-Yard-Kommissar Jack Slipper gefasst wurde, galt der ausgetüftelte Postraub der insgesamt 15-köpfigen Bande als eine Sensation - auch wegen der damals sagenhaften Summe von 2,6 Mio. Pfund.

Ausbruch und Gesichtschirurgie
Biggs bekam 30 Jahre Gefängnis. Doch nach 15 Monaten konnte er - logistisch abermals meisterhaft geplant - mit einer Strickleiter ausbrechen. In Paris ließ er von einem plastischen Chirurgen sein Gesicht verändern und floh dann über Australien nach Brasilien.

Kommissar: "Lange nicht gesehen, Ronnie"
1974 konnte Slipper ihn dort ausfindig machen und verhaftete ihn in einem Hotelzimmer mit den historischen Worten: "Lange nicht gesehen, Ronnie. Ich glaube, Du weißt, wer ich bin."

Doch dann stellte sich gerade rechtzeitig heraus, dass Biggs' 19-jährige brasilianische Freundin, die Stripperin Raimunda de Castro, schwanger war - und das machte eine Auslieferung nach brasilianischem Recht unmöglich. Unverrichteter Dinge musste Slipper nach England zurückkehren. Er soll nie darüber hinweggekommen sein.

"Gemeinsam trinken und plaudern"
Seinerzeit seien Verbrecher ganz anders gewesen als heute, sagte Slipper in den 90er Jahren.

"In den alten Tagen konnte man sich zu ihnen setzen und plaudern. Und wenn sie aus dem Gefängnis kamen, lief man ihnen irgendwie immer über den Weg und trank zusammen einen", so der Hauptermittler über seine Gegner. Slipper starb 2005 81-jährig.

Sänger bei den Sex Pistols
Nach der Flucht war es einige Jahre still um Biggs geworden. Dann aber kam die Punkband Sex Pistols und nahm im Frühjahr 1978 mit ihm zwei Songs auf: "No One Is Innocent" und "The Biggest Blow".

13 Jahre danach folgten die Toten Hosen dem Beispiel: Sie nahmen gemeinsam mit Biggs die Single "Carnival In Rio" auf.

Gescheiterte Entführung
Im Jahr 1981 machten die brasilianischen Behörden gemeinsam mit Großbritannien einer Entführung von Biggs durch die Briten ein Ende. Biggs war in einer Bar in Rio de Janeiro entführt und mit einem Schiff nach Barbados gebracht worden.

Die britische Regierung weigerte sich aber, den berühmten flüchtigen Verbrecher unter diesen Umständen in Empfang zu nehmen. Biggs konnte nach Rio zurückkehren.

Großer Vermarktungswert
Da Biggs über 30 Jahre nach dem Postzugraub das Geld bei der Flucht über drei Kontinente ausgegeben hatte, verdiente er seinen Unterhalt nach eigenen Angaben vor allem mit Interviews mit internationalen Medien.

Eine weitere Einnahmequelle ist der Verkauf von Souvenirs an Touristen, auf denen auf Englisch geschrieben steht: "Ich war in Rio und habe Ronnie Biggs getroffen."

Brasilien verweigerte Auslieferung
1997 wies das oberste Gericht Brasiliens einen Antrag auf Auslieferung zurück, weil die Sache nach mehr als 30 Jahren verjährt sei.

Im Mai 2001 kehrte Biggs von einem Schlaganfall gezeichnet nach Großbritannien zurück. Schon kurz nach der Landung wurde er noch im Flugzeug verhaftet.

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