"Kommt und seht 'The Berg'"

Groß und erhaben: Ein künstlicher Berg als neues Berliner Wahrzeichen?
"Was wird aus dem im Oktober vergangenen Jahres geschlossenen Flughafen der Herzen? Doch nicht etwa ein Riesen-Puff ...?!", schrieb die "Bild"-Zeitung jüngst aufgeregt. Angesichts des kürzlich geschlossenen Flughafens Tempelhof und der Pläne für dessen weitere Verwendung gehen in Berlin die Wogen hoch.

Wie das Areal zukünftig genutzt werden soll, weiß niemand so genau - auch nicht der Stadtsenat, der die Schließung vorangetrieben hatte. Ein Ideenwettbewerb sollte jetzt Abhilfe schaffen, doch er scheint die Verwirrung nur noch größer gemacht zu haben.

Ein Unternehmen will das Gelände zu einem Bordellviertel machen, das Filmstudio Babelsberg würde hier gerne Klein-Hollywood errichten - und ein Berliner Architekt hat vorgeschlagen, einen 1.000 Meter hohen künstlichen Berg mitten in die Stadt zu setzen.

Wanderer, Picknicker und Gämsen
"The Berg" heißt das Projekt des Architekten Jakob Tigges und seines Büros Mila. Computervisualisierungen zeigen eine abwechslungsreiche, sich vor Straßenzügen und Wahrzeichen wie dem Funkturm erhebende Alpinlandschaft mit Felsen, Wiesen und Wald, mit Almen und Skipisten, mit weidenden Gämsen vor der Skyline Berlins.

"Kommt und seht 'The Berg'", lautet der Slogan in der für den Ideenwettbewerb angefertigten Broschüre. Selbst Werbesujets für den zukünftigen Berlin-Tourismus haben sich Tigges und seine Mitarbeiter schon ausgedacht: Wanderer und Picknicker auf einer Wiese über den Dächern der Stadt, dazu der Slogan "Berlin verbindet".

"Als Idee ernst gemeint"
"Der Berg ist durchaus ernst gemeint, als Idee", schreibt Tigges in dem Einreichungstext für den Ideenwettbewerb - und doch macht er sich gleich im nächsten Absatz über die verkopften Erklärungsmuster solcher Projekte lustig.

"Das Resultat der Bergkampagne wäre eine real-existierende imaginäre Sehenswürdigkeit von hoher Anziehungskraft und großem Identifikationspotenzial. Tempelhof wäre im Bewusstsein nicht nur der Berliner. Die Leute würden in Scharen kommen, um den Berg nicht zu sehen."

Suche nach Erhabenem
"Ich finde es erbärmlich, wie der Senat mit dem Tempelhofer Feld umgeht. Die Fläche ist viel zu wertvoll, um sie mittelmäßigen Wohnungsbauten zu opfern", sagte der 35-jährige Architekt der "Südeutschen Zeitung". Tigges wünscht sich hingegen eine "große, schöne und wichtige Idee", etwas Erhabenes.

Und es sei durchaus wert, auf diese große Idee zu warten - schließlich herrsche in Berlin kein akuter Entwicklungsdruck. Die Stadtpolitik sieht das etwas anders. Zwar hatte der Senat kein Problem damit, Tempelhof stillzulegen, ohne sich große Gedanken über die Zukunft des Areals zu machen - jetzt soll aber "zügig" dort entwickelt werden.

Projekte werden geprüft
Für die Nutzung von 105 Hektar im Norden des Fluggeländes wurden zwölf Konzepte bei Architekten und Stadtplanern eingeholt, ein Gewinner soll im Mai feststehen. Gleichzeitig gab es einen Ideenwettbewerb für die Nutzung des Flughafengebäudes selbst, der insgesamt 61 Projektvorschläge hervorbrachte. Die Hälfte davon werde nun eingehend geprüft, sagte die Berliner Senatsbaudirektorin Regula Lüscher.

Tantraschule und Sexmuseum
"Entwurf 1281" - der Rotlicht-Plan - sehe vor, den Columbiadamm in Columbia-Strip umzubenennen und dort "eine Tantraschule, ein Sexmuseum, ein Museum der Homosexualität und einen abgesperrten Straßenstrich" anzusiedeln, berichtet die "Bild".

Rund ein Drittel der Antragsteller, die zunächst anonym bleiben, wollen Kultur- und Bildungseinrichtungen verwirklichen. Andere möchten in Tempelhof Unternehmen für erneuerbare Energien ansiedeln oder auch Hotel- und Gastronomiebetriebe. Eine Wiederbelebung des Flugbetriebs in Tempelhof, etwa in Form von Rundflügen als Zusatzangebot eines Luftfahrtmuseums, schloss Lüscher aus.

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