Kaum beleuchtet wurde dagegen bisher das Schicksal der Familien der Verschwörer. Dabei hatte das missglückte Attentat das Leben der Angehörigen dramatisch verändert, wie ein vor einigen Monaten erschienenes Buch von Konstanze von Schulthess - die jüngste Tochter Stauffenbergs - über ihre Mutter zeigt.
Selbstbewusst und lebensklug
"Nina Schenk Gräfin von Stauffenberg" (Pendo Verlag) nennt sich das Porträt, mit dem die Autorin die kaum beachtete Rolle der Frauen hervorheben will. Sie beschreibt ihre Mutter als selbstbewusste und lebenskluge Persönlichkeit, die nach dem Zweiten Weltkrieg ihr Leben mit fünf Kindern alleine meistern musste.
"Viele Historiker sehen in den Frauen der Widerstandskämpfer allenfalls ahnungslose Opfer, die meisten erwähnen sie nur am Rande", beklagt Schulthess im Vorwort. Dabei habe ihre Mutter über alles Bescheid gewusst. "Sie hat es miterlebt und mitgetragen", heißt es.
"Ich habe zugestimmt"
Anschaulich schildert Schulthess, wie sich ihre Eltern kennenlernten und wie die Pläne zur Tötung Hitlers heranreiften. "Wir sprachen darüber, und nachdem ich erkannt hatte, dass es ihm wesentlich ist und dass es auch wichtig und notwendig ist, habe ich zugestimmt", schrieb Nina von Stauffenberg in ihren Erinnerungen.
Zum Schutz der Kinder und der restlichen Familie entwickelte das Ehepaar eine Überlebensstrategie: "Ich sollte mich als dumme kleine Hausfrau mit Kindern und Windeln und schmutziger Wäsche darstellen."
Selbst die Todesnachricht für die Kinder überbrachte die Mutter so, dass die Kleinen bei einer möglichen Vernehmung durch die Gestapo nichts Verkehrtes ausplauderten: "Der Papi hat sich geirrt, deshalb hat man ihn erschossen."
Flucht in Gedanken
Besonders eindrücklich sind die Erinnerungen an die Zeit im Konzentrationslager von Ravensbrück. Ohne Wissen um das Schicksal ihrer Kinder war Nina von Stauffenberg dort monatelang in Gefangenschaft - nur ihre Gedankenwelt als Ausflucht.
"Schließlich kam sie auf die Idee, ganz allein für sich selbst imaginäre Musiksoireen und literarische Vortragsabende zu veranstalten", schreibt die Tochter.
Gespräche und schriftliche Erinnerungen
Auf eigene Erfahrungen kann Konstanze von Schulthess nicht zurückgreifen. Sie kam erst ein knappes halbes Jahr nach dem Attentat auf die Welt.
Ihre Erkenntnisse schöpfte die Autorin aus vielen Gesprächen mit ihrer Mutter und dem Rest der Familie, aber auch aus einem ganz besonderen Schatz: den Erinnerungen, die Nina von Stauffenberg auf Drängen ihrer fünf Kinder vor ihrem Tod im April 2006 niederschrieb und die Schulthess in Auszügen zitiert.
Starke Frauen
Dabei sieht die Stauffenberg-Tochter das Schicksal ihrer Mutter nicht als einzigartig an. "Alle diese Ehefrauen und Mütter haben Enormes geleistet. Die Männer waren an der Front, sie waren weg, das ging allen so. Da war Stärke angesagt. Das war nicht nur den Widerstandsfrauen vorbehalten."
Links:
- Nina von Stauffenberg (Wikipedia)
- Pendo Verlag