Verschrottungsprämie "pervers"

Verschrottungsprämie soll Neuwagenverkauf ankurbeln. Aber nutzt das auch der Umwelt?
Frankreich, Italien und Rumänien haben sie bereits - die Verschrottungsprämie. Auch in Deutschland gibt es seit dieser Woche 2.500 Euro für jeden, der sein mindestens neun Jahre altes Auto verschrotten lässt und sich dafür ein umweltfreundliches neues kauft.

Das soll der angeschlagenen Autoindustrie samt deren Beschäftigten helfen, durch die Krise zu tauchen. Ebenso weisen Befürworter auf den Umweltaspekt der Verschrottungsprämie hin.

Die Sinnhaftigkeit der Prämie wird allerdings von Experten hinterfragt. Scharfe Kritik kommt vom Präsidenten des Münchner Ifo-Instituts, Hans Werner Sinn. "Ich halte die Abwrackprämie für pervers, weil sie Anreize setzt, ökonomische Werte zu vernichten", so Sinn. Deutsche Autos seien nach neun Jahren "noch keine Schrottkisten, die man vernichten muss".

50.000 Kilowattstunden für S-Klasse
Ob die Umwelt letztlich vom Autotausch profitiert, wird angezweifelt. Sinn wies auf die Umweltbelastung hin, die bei der Produktion der neuen Autos entstehe: "Für die Umwelt ist es vermutlich besser, wenn man die alten Autos weiterfährt, auch wenn sie etwas mehr Sprit als neue verbrauchen".

Die von Kritikern angesprochene Umweltbelastung bei der Erzeugung spielt auf den Energieverbrauch an. Mehrere zehntausend Kilowattstunden verbrauchen die Hersteller, bis ein Fahrzeug fertig vom Band rollt.

Nur wenige Autohersteller geben konkrete Zahlen an: Mercedes-Benz nennt für eine aktuelle S-Klasse Werte um die 50.000 Kilowattstunden - so viel Strom verbraucht eine vierköpfige Familie in zwölf Jahren. Für einen zehn Jahre alten Golf IV hat Volkswagen 1999 um die 25.000 Kilowattstunden aufgebraucht.

Kritik auch von Greenpeace
"Verschrottungsprämien kosten viel und bringen wenig fürs Klima. Das Geld könnte anders wirkungsvoller eingesetzt werden", so Energieexperte Jurrien Westerhof von Greenpeace.

Anders sehen das deutsche Ingenieure, die sich mit der Ökobilanz von Autos beschäftigen. "Wenn der Verbrauch des neuen deutlich unter den Werten des alten Wagens liegt, bringt das Austauschen wahrscheinlich etwas", so Karl Otto Schallaböck vom Wuppertal-Institut gegenüber der "Süddeutschen Zeitung".

"Tendenziell könnte es einen leichten Nutzen beim Energieverbrauch und dem CO2-Ausstoß geben", meint Jürgen Stichling von der Ingenieurfirma PE nahe Stuttgart. Es gebe dadurch auch weniger Stickoxid und damit weniger Sommersmog. Allerdings gelte es, auch den Energieverbrauch für die Verschrottung nicht zu vernachlässigen, meinen Experten.

Auch Mitterlehner erwägt Prämie
Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) hat eine Verschrottungsprämie für Österreich bisher abgelehnt. Mit dem Argument, dass diese CO2-mäßig umstritten sei und damit nur der Import von Neuwagen aus dem Ausland gefördert wird.

Jetzt will er diese aber nicht mehr ausschließen: "Wenn größere Länder wie Deutschland und Frankreich eine solche Prämie haben, dann ist auch allein aus psychischen Gründen, zu überlegen, das auch in Österreich zu machen, weil der Handel in den letzten Monaten eingebrochen ist."

Ob es diese Prämie gebe, und wenn ja, wie hoch sie ausfallen solle, werde derzeit geprüft und solle in den nächsten Tagen entschieden werden, sagte der Wirtschaftsminister.

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