Stalin-Kult noch immer verbreitet

Antrag auf Heiligsprechung ohne Chance.
Der sowjetische Diktator Josef Stalin (1878-1953) wird laut russischen Medien nun auch auf Heiligenbildern verehrt. Kommunisten in St. Petersburg wollten im eine in der Stadt Strelna auch bei orthodoxen Geistlichen beliebte "Stalin-Ikone" mit einer Auflage von 10 000 Exemplaren herstellen lassen.

"Es gibt nicht nur Atheisten unter uns, sondern auch Gläubige, denen wir etwas in die Hand geben wollen", sagte Petersburgs Kommunistenchef Sergej Malinkowitsch. Historiker geben Stalin die Schuld am Tod von Millionen unschuldiger Menschen.

Antrag auf Heiligsprechung
Bereits im Sommer hatten russische Kommunisten das Patriarchat in Moskau um eine Heiligsprechung Stalins ersucht, obwohl er zu Lebzeiten Hunderte Kirchen abreißen ließ. Die Initiatoren loben den gebürtigen Georgier Stalin in ihrem Antrag als "Vater der Völker", der das Land geeint, soziale Mindeststandards geschaffen und den Hitler-Faschismus besiegt habe.

Tief gläubiger Mensch?
Dabei beriefen sich auch auf schriftliche kirchliche Wertschätzungen, die Geistliche über Stalins Politik hinterlassen haben. Demnach sei Stalin ein tief gläubiger Mensch gewesen, der zwar Fehler gemacht, aber die Weichen für die Zukunft gestellt habe.

Ein Sprecher des Moskauer Patriarchats nannte die Forderung im Sommer "ungeheuerlich" und erinnerte an die Verfolgung von Gläubigen im Kommunismus.

Stalin mit Heiligenschein
Menschenrechtler beklagen in Russland eine mangelnde Aufarbeitung der Massenmorde unter Stalin. In dem Riesenreich sind mehrere Ikonen mit Stalin-Abbildungen im Umlauf, auf einigen trägt der sowjetische Führer auch einen Heiligenschein.

Auf Kundgebungen in Moskau sind oft ältere Menschen zu sehen, die Stalin-Bilder zusammen mit Ikonen tragen. "Es ist ein schreckliches Zeichen dafür, dass die Menschen jedes Gefühl für die Wahrheit verloren haben", klagt der Moskauer Geistliche Michail Ardow in der "Nowyje Iswestija".

Millionen Verfolgte unerwähnt
Unerwähnt lassen Stalins Anhänger, dass unter dem Sowjetführer Millionen Menschen ohne Urteile in Straflager deportiert wurden und ums Leben kamen. Zudem führte die von dem Diktator verfügte Zwangskollektivierung der Landwirtschaft zu Hungersnöten, in deren Folge mindestens sechs Millionen Sowjetbürger starben.