Keine Spur von der Krise?

Marbella von Krise bisher verschont.
Wenn vom Platzen der Immobilienblase in Spanien die Rede ist, denkt man zuerst an Ferienwohnungen in Küstenlage. Viele ausländische Käufer mussten mitansehen, wie der Wert ihrer Sommerwohnung innerhalb weniger Monate empfindlich gesunken ist.

Die besten Lagen an der andalusischen Costa del Sol haben allerdings wenig oder nichts von ihrem Wert eingebüßt, weil Schnäppchenjäger noch immer bereit sind, Geld zu investieren.

Marbella als Zentrum des Jetsets
In den 1960er Jahren machte ein deutscher Aristokrat einen kleinen Ort an Andalusiens Küste international bekannt: Alfonso zu Hohenlohe-Langenburg, der in Madrid geborene Sohn des ehemaligen österreichischen Prinzen Max Egon zu Hohenlohe-Langenburg, erwies sich als findiger Gesellschafter und organisierte gemeinsam mit Ehefrau Ira von Fürstenberg noch heute legendäre Partys am Strand von Marbella, als dort noch die Fischerhütten dominierten.

Aus dem Refugium des europäischen Jetsets wurde eines der größten Investitionsprojekte Spaniens. Ein Immobilienfieber erfasste Grundbesitzer, Bauunternehmer und Finanziers, die ihr Eldorado an der Mittelmeerküste entdeckt hatten.

Gewaltige Spekuklationswelle
Marbella-Pionier Hohenlohe und Seinesgleichen räumten den berühmten "Marbella Club" und überließen die Baugründe rund um den mondänen Jachthafen Puerto Banus den angereisten Finanzhaien.

Eine gewaltige Spekulationswelle setzte ein: Korrupte Lokalpolitiker aller Couleurs, die erst durch den Einsatz einer Anti-Korruptionseinheit der Polizei unschädlich gemacht werden konnten, förderten die Bodenspekulation und deckten illegale Machenschaften.

Enorme Wachstumsraten
Die Preiskurve der Immobilien an der Costa del Sol strebte steil nach oben, jährliche Wachstumsraten jenseits der 15 Prozent waren noch bis 2006 keine Seltenheit. Alle glaubten an das unerschöpfliche Modell der wachsenden Renditen, auch wenn Analysten schon lange vor dem Platzen der Immobilienblase gewarnt hatten.

Viel von früherem Glanz eingebüßt
Dem flüchtigen Besucher erschließt sich der Reiz der spanischen Sonnenküste nicht auf den ersten Blick. Eine schlecht asphaltierte Schnellstraße, die zur Urlaubszeit dem Ansturm der Autofahrer Richtung Süden nicht gewachsen ist, führt ins Herz der Costa del Sol. In Riesenlettern steht der Ortsname "Marbella" auf einer Betonbrücke, die die Straße überspannt.

Der Name der Ortschaft, die das gesellschaftliche Zentrum der andalusischen Südküste bildet, hat - ebenso wie der Namenszug auf der Brücke - viel von seinem früheren Glanz eingebüßt.

Stunde der Schnäppchenjäger
Man muss man von der Schnellstraße in Richtung Hinterland abbiegen, den Trubel am Küstenstreifen und im Jachthafen Puerto Banus hinter sich lassen, um in den umzäunten Siedlungen mit privatem 24-Stunden-Sicherheitsdienst den Hauch der glanzvollen Vergangenheit Marbellas zu spüren.
Die Millionenvillen sind das Revier der deutschen Investmentberaterin Maria Tremurici-Falter, die von vielfältigen Chancen und der Stunde der Schnäppchenjäger spricht.

"Viele Hausbesitzer, die mit den gestiegenen Kreditraten nicht mehr fertig werden, geben auf: Die Banken versuchen, nach Abzug der lukrierten Raten auf ihre Rechnung zu kommen. Das eröffnet kurzentschlossenen Investoren die Gelegenheit, zu einem guten Preis in Marbella einzusteigen."

Luxus trotzt der Krise
Der durchschnittliche Quadratmeterpreis für die Zweitwohnung an der Costa del Sol sank von 3.000 auf rund 2.500 Euro. Luxusobjekte in Spitzenlage halten allerdings - entgegen dem allgemeinen Abwärtstrend in Spanien - ihren Wert.

Autohändler Victor Kortscheff, der Fahrzeuge britischer und italienischer Nobelmarken in seiner Auslage präsentiert, will von der Krise nichts verspürt haben.

Seine internationale Klientel, zumeist Millionäre im Ruhestand, hölt an ihren Gewohnheiten fest - der Wagenpark wird regelmäßig erneuert: "Wir bemerken nicht viel von der Krise. Wir haben sehr gute Stammkunden, die alle zwei Jahre einen neuen Wagen der Marke Bentley, Ferrari oder Maserati erstehen."

Keine Zukunftsängste?
Die Kunden des Ferrari-Händlers von Marbella lassen sich von den Zukunftsängsten im Gefolge der weltweiten Finanzkrise nicht anstecken. Kaum war das neueste Sportwagenmodell aus Maranello vorgestellt, zückten bereits die ersten ihr Scheckbuch: "Für das neue, eben präsentierte Ferrari-Modell California haben wir bereits 22 Vorbestellungen, obwohl die Fahrzeuge erst Ende 2010 ausgeliefert werden."

Wer auf schnelle Renditen verzichtet und sein Geld langfristig anlegen will, ist laut Tremurici-Falter in Marbella gut beraten.

Zwischen Krisenangst und Ernüchterung lebt der Pioniergeist des 2003 verstorbenen Alfonso zu Hohenlohe weiter: Der Jetset-Prinz hatte sich auch dem Weinanbau gewidmet, seine Bodega (Principe Alfonso de Hohenlohe) trug erst nach Jahren die ersten Früchte.

Josef Manola, ORF Madrid

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