Mozart wäre ohne Haydn nicht denkbar

Große Erfolge feierte Haydn in England.
278 Kammermusikwerke, rund 270 schottische Volkslieder, mehr als 100 Symphonien, 52 Klaviersonaten, 32 Solokonzerte, 24 Opern, vierzehn Messen und sechs Oratorien umfasst das ehrgeizige Lebenswerk von Joseph Haydn. Er leitete einen Stilwandel von der üppigen, polyphonen Barockmusik zu einem beweglichen, leichten Musikstil ein. Damit gilt der "Vater der Wiener Klassik" auch als Wegbereiter für Wolfgang A. Mozart und Ludwig van Beethoven.

Das musikalische Jahr 2009 steht allerdings anlässlich Haydns 200. Todestags am 31. Mai mit Ausstellungen und Konzerten ganz im Zeichen des in Rohrau (Niederösterreich) geborenen Komponisten. Obwohl er im Vergleich mit seinen Schützlingen Mozart und Beethoven bald in den Hintergrund geriet, sind sich die Experten einig, dass die beiden ohne Haydn kaum denkbar gewesen wären.

"Papa Haydn"
Mozart gehörte früh zu denen, die "Papa Haydn" sagen durften. Den väterlichen Beinamen erhielt Haydn schon in jungen Jahren bei seinen zahlreichen Lehrtätigkeiten. In dem um 24 Jahre jüngeren Mozart erkannte er bald ein Ausnahmetalent. An den Vater Leopold Mozart wandte er sich mit folgenden Worten: "Ich sage Ihnen vor Gott, als ehrlicher Mann, Ihr Sohn ist der größte Komponist, den ich als Person und dem Namen nach kenne."

Gemeinsam spielten sie Kammermusik an privaten Musikabenden, und Haydn machte in Adelskreisen Werbung für seinen Schützling. Obwohl Haydn weitaus mehr komponierte als Mozart, überholte ihn bald der Ruhm des Jüngeren.

Auch Beethoven wurde sein Schüler
"Das ist schade, denn Haydn ist mehr, aber dieses einzigartige Genie Mozart ist größer", sagte auch der Komponist Pierre Boulez in dem neu erschienenen Interviewband "Unser Haydn" von Walter Dobner. Darin werden bekannte Interpreten wie der Dirigent Nikolaus Harnoncourt und der Pianist Alfred Brendel zum Wirken von Haydn befragt (Böhlau Verlag, 112 Seiten, 20,5 Euro).

Ähnliches erlebte Haydn mit seinem weiteren, fast unfreiwilligen Schützling Beethoven. Mozart hatte für das junge Talent aus Bonn keine Zeit, schließlich landete Beethoven bei Haydn, getröstet von den Worten eines Freundes: "Durch unermüdlichen Fleiß erhalten Sie Mozarts Geist aus Haydns Händen."

Haydn als Chorknabe im Stephansdom
Auch Haydns Talent wurde früh erkannt und gefördert. Ab seinem achten Lebensjahr erhielt er als Chorknabe in Hainburg und im Wiener Stephansdom eine musikalische Ausbildung in Gesang, Violine und Klavier. Mit dem Stimmbruch endete diese Karriere, und es dauerte zehn Jahre, bis er sich im Musikgeschäft etablieren konnte.

In Wien stand er als Kammerdiener und Begleiter in den Diensten des italienischen Komponisten Niccola Porpora, schrieb erste eigene Kompositionen, unterrichtete und erarbeitete sich allmählich einen professionellen Ruf.

Komponist für viele Geschmäcker
Den Großteil seines Lebens verbrachte er am Hofe des Fürsten Nikolaus Esterhazy in Eisenstadt als Kapellmeister. Bald hatte er die Gunst des europäischen Adels gewonnen, der bei Fürst Esterhazy ein und aus ging. Als Kapellmeister verstand er früh die Kunst, für verschiedene Geschmäcker und Stile zu komponieren, indem er auch Teile der italienischen, französischen und deutschen Musik miteinander kombinierte.

Abseits der gesellschaftlichen Verpflichtungen verbrachte Haydn viel Zeit alleine auf den Sitzen des Fürsten. Diese Abgeschiedenheit weckte auch seine Experimentierfreude: "Ich war von der Welt abgesondert, niemand in meiner Nähe konnte mich an mir selbst irremachen und quälen, und so musste ich original werden."

Der Ruf ins Ausland
Die größten Erfolge feierte der Komponist allerdings im Ausland. In Frankreich, England, Spanien und in Russland konnte er auf zahlreiche Verehrer zählen.

Nachdem er 1790 seinen Dienst bei den Esterhazys beendet hatte, führten ihn mehrere Reisen nach England, wo bekannte Werke wie die "Londoner Symphonien" und die "Symphonie mit dem Paukenschlag" entstanden.

Die Geschichte mit dem Paukenschlag
Populär wurde die Paukenschlag-Symphonie, weil mitten in einer einem Kinderlied ähnlichen Melodie im zweiten Satz ein plötzliches Fortissimo des Orchesters die Zuhörer aufschreckt.

Die Anekdote, Haydn habe dadurch das Publikum der Londoner Gesellschaft nach einem stattlichen Abendessen wieder aufwecken wollen, dementierte Haydn schon zu Lebzeiten. Er habe das Publikum durch etwas Neues überraschen wollen, meinte er etwa gegenüber seinem ersten Biographen Georg August Griesinger.

Aufnahme in erlauchte Kreise
Das englische Publikum stürmte seine Konzerte. Haydn wurde beliebter Gast der höchsten gesellschaftlichen Schichten. Von der Universität Oxford erhielt er sogar ein Ehrendoktorat.

Beliebt wurde er aufgrund seiner Musik. "Meine Sprache versteht man durch die ganze Welt", soll er zu Mozart kurz vor seiner ersten England-Reise gesagt haben. Damit dürfte er sich ganz gut beholfen haben, denn die englische Sprache beherrschte er nicht.

Geistliche Werke
Einen großen Stellenwert bei seinen Kompositionen nahmen auch geistliche Werke ein. In England lernte er die Arbeiten von Georg Friedrich Händel und seine Oratorien kennen. Besondere Bekanntheit erreichten seine "Jahreszeiten", "Sieben letzte Worte" und "Die Schöpfung", die schon zu seinen Lebzeiten ein großer Erfolg wurde.

Erst am Ende seines Lebens kehrte er nach Wien zurück - in den damaligen Vorort Gumpendorf, wo bis heute die Haydngasse an seinen Wohnort erinnert. Dort starb er mit 77 Jahren - während der Angriffe Napoleons auf Wien.

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