Experten sehen schwarz

Zumindest einer der großen US-Autohersteller wird die Krise nicht überleben, erwarten Experten.
Nach dem Scheitern des Rettungsplans für die amerikanische Autobranche im US-Senat halten Experten den Bankrott mindestens eines der drei großen Autohersteller für wahrscheinlich. Ob die Regierung des scheidenden US-Präsidenten George W. Bush nun doch noch gegenlenkt, bleibt abzuwarten.

Mit dem Nein im Senat steige "die Wahrscheinlichkeit, dass GM oder Chrysler Chapter 11 anmelden werden, zumal sie bereits angekündigt haben, finanziell nicht allein bis zum Jahresende durchhalten zu können", schrieben die Analysten der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) am Freitag.

Equinet-Analyst Tim Schuldt warnte, dass ein Antrag auf Gläubigerschutz (Chapter 11) unkontrollierbare Folgen haben könnte. Ford halten die Analysten anders als GM und Chrysler zumindest kurzfristig für überlebensfähig.

GM kürzt Produktion
GM kürzt nun seine Produktion im ersten Quartal 2009 um 250.000 Fahrzeuge. Der Schritt sei eine Konsequenz aus dem Zusammenbruch der Nachfrage auf dem Heimatmarkt, teilte der Konzern am Freitag mit. Damit werde die Produktion in dem Vierteljahr im Vergleich zum Vorjahr um 60 Prozent sinken.

Börsen stürzten ab
An der Frankfurter Börse reagierten die Autowerte auf das Nein des Senats zwischenzeitlich mit großen Verlusten. Die GM-Aktien halbierten ihren Kurs auf dem Börsenparkett zunächst beinahe.

"Gravierende Folgen"
"Wenn es zu einer Pleite von GM käme, hätte dies gravierende Folgen für die Wirtschaft", warnte Aktienstratege Carsten Klude von M. M. Warburg. Als einzigen Ausweg für die "Großen Drei" aus Detroit sieht Kreditanalyst Sven Kreitmair von UniCredit, dass der scheidende US-Präsident George W. Bush den 700 Milliarden Dollar schweren Bankenfonds dafür anzapft. Die Chancen darauf seien aber gering.

Den Experten zufolge stehen vor allem GM und Chrysler, an dem Daimler immer noch eine Minderheitsbeteiligung hält, mit dem Rücken zur der Wand. Beide hatten in den Anhörungen vor dem Kongress erklärt, ohne frische Staatsmittel kurzfristig nicht überleben zu können.

Außerdem warnten sie, dass der Zusammenbruch eines Autokonzerns einen Dominoeffekt nach sich ziehen würde.

"Es wird sehr schwierig"
"Es wird sehr schwierig für sie sein, nicht den Bankrott zu beantragen", sagte Berater Erich Merkle von Crowe Chizek in Grand Rapids in Michigan, der Heimat der US-Autoindustrie, mit Blick auf GM und Chrysler. "GM hat vermutlich noch bis Jänner." Als Nächstes werde der Autoriese wohl einen Zeitpunkt für den Konkursantrag nennen.

Druck auf Zulieferer
Equinet-Analyst Schuldt sagte, viele Verbraucher ließen sich von einem Bankrott vom Kauf der betroffenen Marken abschrecken, weil sie um Ersatzteile und Garantieleistungen fürchteten.

Das würde den Druck auf die Zulieferindustrie erhöhen, die ohnehin schon dem ihrem Rücken zur Wand stehe. Insofern sei nur zu hoffen, dass es in letzter Minute doch noch eine Lösung gebe.

Bush könnte noch einlenken
Eine solche erwägt nun US-Präsident Bush. Er signalisierte seine Bereitschaft, die von der Autobranche dringend benötigten Überbrückungsgelder aus dem 700 Milliarden Dollar schweren Rettungspaket für die Finanzbranche zur Verfügung zu stellen.

Angesichts der "schwachen Situation der US-Wirtschaft" prüfe das Weiße Haus alle Möglichkeiten zur Rettung der US-Autobranche, auch die Verwendung der Gelder für die Finanzbranche, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Dana Perino, am Freitag an Bord der "Air Force One". Bisher hatte Bush ein solches Vorgehen strikt abgelehnt.

Dudenhöffer: Opel-Hilfe sinnlos
Der deutsche Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer erwartet ohne staatliche Milliardenhilfen vor allem eine Insolvenz der Opel-Mutter GM "vor oder kurz nach Weihnachten". Eine GM-Pleite würde auch "spätestens ein halbes Jahr später" zu einer Insolvenz von Opel führen, sagte der Professor der Universität Duisburg-Essen am Freitag der dpa.

Die diskutierte Bürgschaft der deutschen Bundesregierung für Opel in Höhe von einer Milliarde Euro wäre unter diesen Vorzeichen sinnlos, warnte Dudenhöffer. "Da Opel eine 100-prozentige GM-Tochter ist, würde das Geld automatisch in die Insolvenzmasse fließen." Man könne sich nicht dagegen absichern, dass das Geld nicht nur für Opel eingesetzt werde.

Warnung vor "Abwärtsspirale"
Eine Insolvenz von GM wäre "vergleichbar mit dem Fall Lehman Brothers im Bankenbereich und wird eine unkalkulierbare Abwärtsspirale in Gang setzen", mahnte Dudenhöffer. Auch Chrysler sei von einer Pleite bedroht.

In den USA erwartet Dudenhöffer bei einer GM-Pleite ein Beben bei den Zulieferern mit einer Gefahr für Hunderttausende Jobs. An der Autoindustrie hängen nach verschiedenen Schätzungen drei bis fünf Millionen Arbeitsplätze alleine in den USA.

"Auch deutsche Firmen würde das schwer treffen." Als Beispiel nannte er den DAX-Konzern Continental. "Conti würde dadurch ins Wackeln kommen, da die Eigenkapitaldecke relativ gering ist."

Auswirkungen auf Österreich
In Österreich sind ebenfalls zahlreiche Autozulieferer von den Problemen der US-Autoindustrie betroffen - auch abseits des steirischen Autoclusters. Am Freitag etwa wurde am Landesgericht Linz das Konkursverfahren über den Autozulieferer Alu diecasting eröffnet. Die Schulden betragen rund 2,5 Millionen Euro, 100 Gläubiger und 25 Mitarbeiter sind betroffen - mehr dazu in ooe.ORF.at.

Und in Niederösterreich reagierten das finanziell angeschlagene Kremser Unternehmen Eybl International und die Firma Pollmann in Karlstein mit ersten Kündigungen - mehr dazu in noe.ORF.at.

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