"Die nutzt jede friedliche Demonstration, um ihr Unwesen zu treiben", sagen viele Bürger. "Die Sache geht viel tiefer", wischt der Chefredakteur der linken Zeitung "Avgi", Nikos Filis, Volkes Stimme beiseite. Es gebe in der Gesellschaft viel Wut.
Keine Jobs für Junge
Die "700-Euro-Generation" mache ihrem Protest Luft. "Sie sagt uns, dass etwas falsch läuft." Er spricht über Tausende junger Menschen, die nach jahrelangem Hochschulstudium und erstklassiger Qualifikation dennoch eine düstere Zukunft haben.
"Sie haben mehrere Jahre lang gelernt, aber danach nur Teilzeitjobs gefunden", sagt Filis. Mit 700 Euro könnten sie keine Familie gründen oder sich eine Wohnung leisten. "Jetzt gehen sie auf die Straße und sagen uns, was wir Älteren falsch gemacht haben", kommentiert die linksliberale Zeitung "To Vima".
Erinnerung an Kampf für Demokratie
Auch der Blick zurück in die dunklen Zeiten Griechenlands soll helfen, diesen Ausbruch der Gewalt zu erklären.
"In den 70er Jahren kämpften wir für die Demokratie und gegen die Obristenjunta (Militärdiktatur) in Griechenland und sangen Lieder von Mikis Theodorakis", sagt ein Psychologe im Fernsehen und erinnert an ein Lied des großen griechischen Sängers zu einem Text des Schriftstellers Giannis Ritsos, der während der Diktatur als Kommunist mehr als einmal eingesperrt worden war: "Bald werden die Freiheitsglocken läuten." Die nachfolgenden Generationen hätten eine völlig andere politische Welt erlebt, sagt er.
Verkrustetes Politsystem
Nach der Wiederherstellung der Demokratie 1974 bildete sich ein Zweiparteiensystem aus den Konservativen der Nea Dimokratia und der PASOK, der Panhellenischen Sozialistischen Bewegung. Diese wechseln sich an der Macht ab - viele Menschen empfinden dennoch seit Jahren Stillstand.
Es sind Dynastien, die sich im Kampf um die Macht ablösen: Konstantinos Karamanlis und Andreas Papandreou in den 80er Jahren, Kostas Karamanlis (Neffe) und Giorgos Papandreou (Sohn) heute. Beobachter verweisen darauf, das Land hänge praktisch am Tropf der milliardenschweren Subventionen der Europäischen Union.
Glücklich sei vor allem, wer über "Verbindungen" zur jeweils regierenden Partei verfügt. "Wir stehen am Rande des Zusammenbruchs", kommentierte die Athener Zeitung "Kathimerini".
Wie soll es weitergehen?
Wenn die Nacht kommt, demonstrieren sie mit aller Gewalt ihren Hass auf diese politische Klasse und deren Günstlinge. Die Gruppe von einigen tausend jungen Leuten komme ihm vor wie ein modernes Lumpenproletariat, meint Nikos Maniatis, ein Gymnasiallehrer. Sie hätten sich von der Gesellschaft entfremdet und keine Hemmungen, brutale Gewalt anzuwenden.
Und es gibt eine Verbindung zu den vielen arbeitslosen gebildeten und vor allem frustrierten jungen Leuten. Den bisher überforderten Behörden wird zum ersten Mal seit Jahren klar, dass sich die "Chaoten" sehr gut organisiert haben. Sie sind auch technisch gut vernetzt, um so blitzschnell neue Unruherden zu organisieren.
"Wir müssen natürlich die Gewalt beenden", schreibt die Zeitung "Eleftherotypia" und mahnt zugleich: "Danach aber müssen wir lange nachdenken, wie es mit der Jugend weitergehen soll."
Ganzes Land trauert
Der Tod des 15-Jährigen lässt nicht nur die Familien und die Freunde fassungslos zurück, das ganze Land trauert um das Opfer. "Er war ein junger Mensch, der genau wusste, was er wollte. Er sagte immer und direkt seine Meinung", beschreibt eine Mitschülerin den Burschen. "Er hat immer unsere Seele erheitert, wenn wir traurig waren", ergänzt ein enger Freund.
Er stammte aus einer wohlhabenden Familie. Seine Eltern besitzen einen der bekanntesten Juwelierläden von Athen. Der Vater ist Architekt. Er hatte seinen Sohn auf eine der teuersten Privatschulen des Landes geschickt.
Takis Tsafos, dpa