Mehr "hochklassige Angebote"

Offiziell: Peepshows sind Kultur.
Die niederländische Hauptstadt Amsterdam will ihr berühmt-berüchtigtes Rotlichtviertel sanieren: Die Zahl der Schaufenster, in denen Prostituierte ihre Dienste anbieten, soll dabei ebenso radikal dezimiert werden wie die der zahlreichen Coffee-Shops.

Das historische Stadtzentrum solle "sicherer, schöner und lebenswerter" werden, erklärte die Stadtverwaltung am Samstag bei der Vorstellung ihres Plans für den Rotlichtbezirk und die angrenzenden Stadtviertel.

Die Wallen - das Rotlichtviertel der holländischen Metropole - sollen zu "einem der spannendsten, abwechslungsreichsten und interessantesten" Stadtviertel Europas umgestaltet werden.

Weniger Prostitution und Drogen
Dazu ist geplant, binnen zehn Jahren die Zahl der Prostituierten-Schaufenster von 482 auf 240 zu halbieren. Auch von den 76 in der Innenstadt gelegenen Coffee-Shops, in denen Cannabis verkauft werden darf, soll die Hälfte geschlossen werden.

"Zu massiv"
Es werde weiterhin Raum für das Sexgeschäft und die Coffee-Shops geben, allerdings an kontrollierbaren Orten, teilte die Stadt mit. Die beiden Faktoren sollen das Stadtzentrum lediglich nicht mehr dominieren, sie seien "zu massiv" geworden, so der stellvertretende Bürgermeister Lodewijk Asscher. "Das ist eine notwendige Korrektur."

"Nährboden für Kriminalität"
Bordelle, Sexshops, Coffee-Shops und weitere Geschäfte, in denen weiche Drogen verkauft werden, seien ein "Nährboden für Kriminalität", heißt es es in dem Plan der Stadt. Einige Einrichtungen dienten außerdem der Geldwäsche. Auch Frauenhandel und Drogenkriminalität seien ein Grund für die neue Strategie.

Neuerdings schärferer Kurs
Die Pläne für Amsterdams Rotlichtbezirk sind das jüngste Beispiel für eine Verschärfung des traditionell liberalen Umgangs in den Niederlanden mit Themen wie Prostitution und weiche Drogen. Anfang Dezember wurden Anbau und Verkauf halluzinogener Pilze, der sogenannten Magic Mushrooms, für illegal erklärt.

Stadt hofft auf Investoren
Für bis zu 50 Mio. Euro sollen aus den bisherigen Bordellen nun Büros, Wohnungen, Cafes und Galerien gemacht werden. Insgesamt wird das neue Konzept für den Amsterdamer Rotlichtbezirk mehrere hundert Millionen Euro kosten. Die Stadt hofft dabei auch auf private Investoren.

Geplant sind laut Stadtverwaltung "hochklassige kulturelle und gastronomische Angebote", die die Attraktivität der Wallen als Szene- und Amüsierviertel für Touristen und Einwohner deutlich erhöhen sollen.

Gerichtsurteil: Peepshows sind Kultur
Stichwort Kultur: Dazu zählen in den Niederlanden ab sofort auch Peepshows. Sie gelten nach einem Urteil des niederländischen Höchstgerichts vom Freitag offiziell als Theatervorstellungen. Die praktische Folge für die Veranstalter ist, dass sie damit nur noch sechs statt 19 Prozent Mehrwertsteuer abführen müssen. Dieser Steuersatz gilt in den Niederlanden für alle kulturellen Veranstaltungen.

"Bühne, Vorstellung und Publikum"
"Es gibt eine Bühne, eine Vorstellung und ein zahlendes Publikum - das reicht, um von einem Theater zu sprechen", hieß es in einer Mitteilung des Gerichtshofs in Den Haag. "Der erotische Charakter der Show ändert daran nichts."

Der Besitzer eines Peepshow-Unternehmens in Amsterdam hatte seine Steuerbescheide aus den Jahren 2002 und 2003 angefochten und damit den Prozess ins Rollen gebracht. Ihm war zuvor der höhere Steuersatz verrechnet worden.

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