Loriot fühlt sich wie Opa Hoppenstedt

Eine umfangreiche Ausstellung in Berlin ehrt den "größten deutschen Humoristen" Vicco von Bülow.
Es ist "der ganz normale Wahnsinn" mit dem "Chaos, das in uns allen lauert", mit dem Loriot berühmt und populär geworden ist. Jetzt wird der "größte deutsche Humorist" und "bürgerliche Anarchist" Vicco von Bülow mit der bisher umfassendsten Ausstellung zu seinem Werk als Cartoonist, Autor, Schauspieler und Regisseur geehrt.

©Bild: Deutsche Kinemathek
©Bild: Deutsche Kinemathek
Bis zum 29. März ist das "Gesamtkunstwerk Loriot" im Berliner Film- und Fernsehmuseum zu bestaunen, das Von Bülow 2006 selbst eröffnete und dem er auch seinen künstlerischen "Vorlass" zu Lebzeiten übergibt.

Viel erlebt
Dabei hat Loriot nach eigenem Bekunden keine Ideen, wenn er an die Arbeit geht. "Ideen braucht man nur, wenn man nichts erlebt."

Von Bülow hat ein Leben lang genug erlebt und nur genau beobachtet - die große Geste und das kleine Missgeschick, die kleinen und die großen Missverständnisse und die Sprachlosigkeit, den hohen Anspruch und die raue Wirklichkeit mit den Tücken des Alltags, die Menschen an den Rand des Nervenzusammenbruchs führen.

Wie Opa Hoppenstedt
Anlass für die auf den ersten Blick nicht ganz übersichtliche Schau in drei Stockwerken auf dem Potsdamer Platz ist Loriots 85. Geburtstag am 12. November.

Wenige Tage zuvor fühlt sich der Jubilar gealtert wie eine seiner bekanntesten Figuren: "Eigentlich bin ich Opa Hoppenstedt. Das Alter trifft zu. Das Befinden trifft zu. Das Aussehen trifft zu", sagte der Komödiant.

85 und noch immer ohne Beruf
Loriot zeigte sich bei der Eröffnung der Schau gerührt über die Ehrung, aber auch gewohnt selbstironisch: "Seit 85 Jahren ist es mir nicht gelungen, einer Arbeit nachzugehen, die man als Beruf bezeichnen könnte."

Ein Leben lang habe ihn auch die Frage verfolgt: "Sind Karikaturen Kunst?" Die Antwort sei wohl klar: "Der bildende Künstler schneidet sich gelegentlich ein Ohr ab, der Karikaturist nicht."

"Schlafposition über Eck"
©Bild: Radio Bremen, Do Leigirries
©Bild: Radio Bremen, Do Leigirries
Natürlich fehlen in der Ausstellung Loriots bekannteste Figuren nicht: Familie Hoppenstedt zum Beispiel, Herr Müller-Lüdenscheid, der Lottomillionär Erwin Lindemann, der Staubsaugervertreter ("Es saugt und bläst der Heinzelmann, wo Mutti sonst nur saugen kann"), das Ehepaar beim Möbelkauf mit der entscheidenden Frage des Verkäufers: "Ist die Schlafposition über Eck gestaltet?"

In die Fernsehgeschichte ist das sagenhafte Badewannenduell um eine Gummiente mit den beiden knollennasigen Akademikern Dr. Kloebner und Müller-Lüdenscheid ebenso eingegangen wie Evelyn Hamann, die den Inhalt einer Krimiserie zungenbrecherisch wiedergeben muss: "Auf dem Landsitz North Cothelstone Hall von Lord und Lady Hesketh-Fortescue (...)."

Kulissen nachgebaut
Zu den vielleicht bekanntesten Fernsehsketchen "Das schiefe Bild" und "Der Lottogewinner" hat das Museum in ebenso liebe- wie mühevoller Arbeit die Studiodekoration mit den damaligen Requisiten (bis auf Loriots Mantel hat das Fernsehen davon nichts aufgehoben) noch einmal aufgebaut, samt Tütenlampen, Glastisch und nur noch antiquarisch zu beschaffendem Kerzenständer.

Dafür prunkt das Museum aber mit dem originalen Gründerzeitsofa in zwei Ausführungen, auf dem Loriot und Evelyn Hamann sitzend jahrelang die legendären Sketche im Fernsehen präsentierten. Auch die Drehbücher zu seinen Kinofilmen "Ödipussi" und "Pappa ante portas" mit Loriots Notizen sind in der Ausstellung.

In Loriots Werkstatt
Die Besucher können in einer "Werkstatt" Loriot quasi beim Arbeiten über die Schulter gucken, wenn er zahlreiche Zeichnungen, auch die ganz frühen von Anfang der 50er für Zeitschriften wie den "Stern" ("Reinhold das Nashorn"), im Entstehungsprozess mit Loriots Anmerkungen sieht.

Erstmals öffentlich gezeigt werden die "Nachtschattengewächse", seine zwischen 2006 und 2008 entstandenen Skizzen nach Traumnotizen mit Anspielungen auf die Werke großer Künstler wie Picasso.

Links: