Übernahme heizt Preis an

Der hohe Kurs der VW-Aktie ist kein Nachteil für Porsche.
Die Aktien von Volkswagen haben ihren Wert am Montag verdreifacht. Die Papiere von Europas größtem Autohersteller sprangen zeitweilig um mehr als 200 Prozent auf ein Rekordhoch von 635 Euro.

Am Ende stand noch ein Plus von 146,62 Prozent auf 520,00 Euro auf der Kurstafel der Börse Frankfurt. Das Papier schaffte es, den DAX allein leicht ins Plus zu hieven - ohne den Höhenflug der Volkswagen-Aktie wäre der deutsche Leitindex um rund neun Prozent eingebrochen.

Die Aktien schossen in die Höhe, nachdem Porsche am Wochenende weitere Details zur geplanten Mehrheitsübernahme bei dem Wolfsburger Konzern bekanntgegeben hatte.

Heftige Kursausschläge in vergangenen Monaten
Die VW-Aktie war einziger Kursgewinner im DAX, der wegen der Finanzmarktkrise unverändert schwach notierte. Die Volkswagen-Titel waren bereits in den vergangenen Monaten wegen Spekulationsgeschäften heftigen Kursausschlägen ausgesetzt.

Auf sinkende Kurse gewettet
Analysten führten die Kursgewinne bei VW auf Investoren zurück, die auf sinkende Kurse gewettet haben und sich nun, da Porsche die Karten auf den Tisch gelegt habe, zu jedem Preis mit VW-Aktien eindecken müssten. Wegen der geringen Zahl an verfügbaren VW-Papieren sorgen die Käufe für starke Kursgewinne.

Große Gewinne möglich
Mit den Leerverkäufen kann in Zeiten sinkender Aktienmärkte viel verdient werden. Ein Spekulant, der beispielsweise Mitte Oktober bei etwa 400 Euro VW-Aktien "leer" verkauft hat, konnte diese noch am Freitag zu rund 200 Euro zurückkaufen und damit einen Gewinn von etwa 200 Euro pro Stück einstreichen. Hat er das allerdings nicht getan, bekam er am Wochenende Probleme.

Porsche will aufstocken
Porsche hatte am Sonntag angekündigt, den Anteil an VW im nächsten Jahr auf eine Dreiviertelmehrheit aufzustocken, um den Weg für einen Beherrschungsvertrag frei zu haben. Bereits bis Ende 2008 will der Sportwagenbauer das Steuer in Wolfsburg mit über 50 Prozent der Stimmrechte übernehmen.

Porsche hält seit Ende vergangener Woche 42,6 Prozent der Stimmanteile an VW. Weitere 31,5 Prozent der Stammaktien kann Porsche mit einem deutlichen Abschlag zum aktuellen Börsenkurs erwerben, da der Kaufpreis für dieses bei institutionellen Investoren vermutete Paket über Optionen schon vor langer Zeit abgesichert wurde.

Stammaktie könnte aus DAX fallen
Das Land Niedersachsen hält als zweitgrößter Aktionär weitere 20,2 Prozent der Stimmrechte. Daher sind rechnerisch nur noch knapp sechs Prozent der Stimmrechte im Streubesitz. Angesichts dieses niedrigen Anteils könnte die VW-Stammaktie aus dem DAX fallen. Branchenexperten erwarten, dass sie dann durch die stimmrechtslose Vorzugsaktie ersetzt wird.

Porsche könnte bald VW steuern
Mit einem Beherrschungsvertrag könnte Porsche auf die Barmittel von VW zugreifen und die große Entwicklungsabteilung der Wolfsburger nach seinem Gutdünken steuern. Die Aufstockung auf 75 Prozent sei an die Bedingung geknüpft, dass die wirtschaftlichen Bedingungen dafür stimmten, schränkten die Stuttgarter ein.

Branchenexperten halten es für möglich, dass Porsche wegen der Finanzmarktkrise zunächst bei der einfachen Mehrheit bleiben wird. Auch wegen der im VW-Gesetz und der Unternehmenssatzung festgeschriebenen Sonderrechte Niedersachsens kann Porsche bei Volkswagen bis auf weiteres nicht frei schalten und walten. "75 Prozent an VW würden Porsche in der jetzigen Situation nichts bringen", sagte der Autoanalyst der NordLB, Frank Schwope.

Niedersachsen will Sonderstellung behalten
Niedersachsen Regierungschef Christian Wulff (CDU) bekräftigte im Gespräch mit Reuters-TV, sein Land wolle die Sonderstellung bei VW behalten: "Wir haben das VW-Gesetz, wir haben die Satzung, die unabhängig vom VW-Gesetz ist, und die kann nur mit 80 Prozent geändert werden."

"Irrationalitäten" als Begründung
Die überraschende Bekanntgabe des Zeitplans bei VW hatte der gewöhnlich verschwiegene Sportwagenbauer Porsche am Wochenende mit "Irrationalitäten" auf dem Markt begründet.

Man wolle Finanzinstituten Gelegenheit geben, ihre Positionen "in Ruhe und ohne großes Risiko" aufzulösen, erklärte Porsche. Analyst Schwope meldete Zweifel an: "Ich glaube nicht an den Altruismus von Porsche."

Hoher Kurs kein Nachteil für Porsche
"Porsche hat den Kurs durch seine Ankündigung angeheizt, um das Geld aus den Optionen zu kassieren", vermutet er. Bei der Auflösung der Kaufpreisoptionen erhält Porsche die Differenz zwischen dem aktuellen VW-Kurs und dem niedrigeren Absicherungskurs. Insofern stellt der derzeit hohe VW-Aktienkurs keinen Nachteil für Porsche dar.

Auf mittlere Sicht kommt den Stuttgartern jedoch ein hoher Aktienkurs von VW ungelegen, da sie die erworbenen VW-Papiere zu den Kaufkursen in ihre Bücher nehmen müssen. Bei einem späteren Absacken des VW-Kurses könnten sich dadurch Bewertungsverluste einstellen.

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