Ganz bewusst kämpft er gegen den Konsens des paktierten Vergessens an, der Spanien während der Transicion, der Zeit des Übergangs nach 1975, prägte. Es waren nicht zuletzt die Sozialisten rund um Felipe Gonzalez, die postulierten, zur Modernisierung des Landes müsse die Vergangenheit abgehakt werden.
"Die Leichen werden an Land gespült"
Der 1949 in der Nähe von Valencia geborene Chirbes ist da ganz anderer Meinung: "Das Vergangene lässt sich nicht so einfach auslöschen, irgendwann werden die Leichen wieder an Land gespült."
Chirbes literarische Taktik ist subtil. Er droht nicht mit dem besserwisserischen Zeigefinger des Intellektuellen, sondern erzählt unspektakuläre Alltags- und Familiengeschichten, die sich allmählich zu einem makrosozialen Panorama zusammensetzen. Das Mosaik wird immer kompletter, umfasst bald alle Teile der Gesellschaft.
Anstoß am Hedonismus
Im "Fall von Madrid" etwa kommen die Profiteure des Franco-Regimes ebenso zu Wort wie die Gegner und auch nur die einfachen Mitläufer.
Immer wieder nimmt Chirbes Anstoß am Hedonismus, den Spanien ab dem Zeitalter der Transicion entwickelt hat. Dieses hedonistische Gefühl geht für ihn mit einer Form von Sprachlosigkeit einher. "Krematorium" ist in diesem Sinne auch die konsequente Fortsetzung seines Werks in der Suche nach Identität im zeitgenössischen Spanien.
Link:
- Rafael Chirbes (Wikipedia)