"10.-22.-38 ASTORIA"

Der Traum von der Kopie auf Knopfdruck: Vor 70 Jahren glückte die erste "Elektrofotografie".
Der amerikanische Anwalt und Physiker Chester Carlson hatte in seinem eigentlichen Beruf, der Patentanwaltschaft, in den 1930er Jahren ein Problem. Er war es leid, dass sein Büro wie die Mönche im Mittelalter Dokumente mühsam abschreiben musste, wenn man ein Duplikat brauchte.

Carlson träumte von einer Maschine, die auf Knopfdruck die Kopie eines Originals ausspuckt.

©Bild: Xerox
©Bild: Xerox
Zeichen sollten sich mit Hilfe von elektrischen Ladungsunterschieden vervielfältigen lassen, so seine Idee. Der Physiker begann mit Schwefel zu experimentieren und umgab sich - zum Missfallen der Nachbarn - zunächst in der eigenen Küche mit dem Geruch von faulen Eiern.

Durchbruch im Herbst 1938
Am 22. Oktober 1938 war es schließlich so weit: Carlson glückte die erste "Elektrofotografie".

Die erste Kopie war allerdings eine entsprechend übelriechende Angelegenheit: Mit Tusche hatte Carlsons Assistent Otto Kornei den Schriftzug "10.-22.-38 ASTORIA" auf einen Objektträger aus Glas geschrieben und diesen auf eine mit einer frischen Schwefelschicht überzogene Zinkplatte gelegt. Die Oberfläche hatte Kornei zuvor kräftig mit einem Tuch abgerieben, um so elektrostatische Ladung zu erzeugen.

Marktreife erst nach Zweitem Weltkrieg
Der weltweite Durchbruch sollte aber noch dauern, zunächst wollte nach Carlsons Erfindung während der Wirtschaftskrise und dem Weltkrieg niemand den Kopierer bis zur Marktreife entwickeln. Erst 1949 kam das erste Gerät von Xerox auf den Markt.

Nach Jahren des Desinteresses wurde Carlsons "Xerografie" nun als größte Erfindung seit der Fotografie gefeiert. Zehn Jahre später begann der Siegeszug des weitgehend automatisierten Xerox-914. Er schaffte sieben Kopien pro Minute.

Angst in Diktaturen
Bei dem revolutionären Gerät witterten Diktatoren sofort Gefahr wie einige Jahrhunderte zuvor schon beim Buchdruck: Copyshops blieben im Ostblock verboten, die wenigen auch dort als unverzichtbar angesehenen Kopierer standen unter Aufsicht. Die Kopierer sollten nicht zur "Druckpresse des kleinen Mannes" und damit zum Instrument der Opposition werden.

Zuwächse beim Digitaldruck erwartet
Aus dem Experiment von 1938 entwickelte sich bis heute ein Milliardenmarkt mit Zehntausenden von Beschäftigten: Das Marktforschungsinstitut Pira International schätzt, dass sich die Umsätze auf dem weltweiten Digitaldruckmarkt von den heutigen 68 Milliarden US-Dollar bis zum Jahr 2012 noch verdoppeln werden.

Von wegen papierloses Büro, könnte man sagen. Immerhin ist der Kopierer heute mehr als nur eine Vervielfältigungsmaschine. In Büros hat er die Funktion eines Netzwerkdruckers, Fax-Geräts und Scanners gleich mit übernommen.

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