Analyse der Wählerströme

Viele Grün-Wähler blieben zu Hause. FPÖ und BZÖ gewannen viele neue Wähler dazu.
Die Nationalratswahl 2008 war vor allem eine Protestwahl. Das zeigt die Analysen der Wählerströme, also die Veränderung des Abstimmungsverhaltens im Vergleich zur letzten Nationalratswahl.

©Bild: APA/M. Hirsch
©Bild: APA/M. Hirsch
Die Noch-Regierungsparteien SPÖ und ÖVP haben bei der Nationalratswahl vom Sonntag vor allem an Nichtwähler, FPÖ und BZÖ verloren, so die ORF-Wählerstromanalyse von SORA. Demnach gab die SPÖ mit 191.000 die meisten Stimmen an die Daheimgebliebenen ab; auch die ÖVP verlor an die Nichtwähler mit 213.000 die meisten Stimmen. Auch die ARGE Wahlen kam zu ähnlichen Ergebnissen.

Zwischen Rot und Schwarz gab es wenig direkten Wechsel, die SPÖ profitierte von diesem Austausch im Saldo mit 22.000 Stimmen, so SORA.

SPÖ-Stimmen an FPÖ, ÖVP-Stimmen an BZÖ
Die Proteststimmen gegen die Regierungsparteien konnten FPÖ und BZÖ für sich gewinnen. Laut SORA-Analyse verlor die SPÖ vor allem an die FPÖ (171.000 Stimmen) und deutlich weniger an das BZÖ (75.000).

Die ÖVP hingegen verlor in erster Linie an das BZÖ (149.000), zur FPÖ wanderten demnach 86.000 Stimmen. Zwischen FPÖ und BZÖ blieb der Austausch laut Analyse recht gering: Netto gewann das BZÖ um 16.000 Stimmen mehr, als es an die FPÖ abgeben musste.

Viele Grün-Wähler blieben zu Hause
Die Grünen verloren mit 87.000 die meisten Stimmen an die Nichtwähler. Damit blieb jeder sechste Grün-Wähler von 2006 diesmal zu Hause, womit die Grünen von allen Parteien anteilsmäßig die höchsten Verluste durch Demobilisierung erlitten.

Auch das Liberale Forum (LIF) kostete die Grünen Stimmen, mit etwa 40.000 wanderte jeder zwölfte Grün-Wähler zur Partei Heide Schmidts. An sonstige Kleinparteien verloren die Grünen etwa 20.000 Stimmen.

Viele Neue für FPÖ
49 Prozent der FPÖ-Wähler hatten 2006 anders oder gar nicht gewählt. Der größte Teil an neuen Stimmen kam mit 21 Prozent von der SPÖ, elf Prozent hatten 2006 die ÖVP gewählt.

Nur drei Prozent der FPÖ-Wähler hatten damals das Kreuz beim BZÖ gemacht. Beim BZÖ sind 31 Prozent der Wähler ehemalige ÖVP-Stimmen, 15 Prozent der orange Wähler hatten 2006 die SPÖ gewählt.

Wenige Nichtwähler an Urnen
Die stabilste Wählerschicht hatten diesmal FPÖ und BZÖ, die beiden Parteien behielten 77 bzw. 70 Prozent der Wähler von 2006. Für die SPÖ stimmten 69 Prozent von 2006, für die ÖVP 64 Prozent und für die Grünen 62 Prozent.

Noch überzeugter von ihrer Haltung sind offenbar nur die Nichtwähler: 89 Prozent der Nichtwähler von 2006 blieben auch diesmal den Urnen fern.

ARGE Wahlen: SPÖ und ÖVP verloren fast 300.000 Stimmen
Laut Wählerstromanalyse der ARGE Wahlen gaben SPÖ und ÖVP die meisten Stimmen an die FPÖ ab - 162.000 (ÖVP) bzw. 110.000 (SPÖ) Wähler gingen zu den Freiheitlichen. Den jeweils zweitgrößten Wählerschwund verzeichneten Rot und Schwarz in Richtung BZÖ.

Von der ÖVP wanderten demnach 100.000 Wähler zum BZÖ, 82.000 Stimmen gingen von der SPÖ zum BZÖ. Einen großen Abgang an Wählern verzeichneten ÖVP und SPÖ auch in Richtung Nichtwähler. Während von den Wählern der Volkspartei diesmal 86.000 zu Hause blieben, verlor die SPÖ 74.000 Stimmen an die Nichtwähler.

BZÖ punktete bei Nichtwählern
Das BZÖ konnte bei den Nichtwählern punkten und holte sich von dort 83.000 Stimmen. Der zweite große Wahlgewinner neben dem BZÖ - die FPÖ - verlor hingegen 52.000 Stimmen an jene, die diesmal nicht wählten.

Begeistern konnte die Partei von Heinz-Christian Strache ehemalige Wähler der (diesmal nicht angetretenen) Liste Hans-Peter Martins: 26.000 ehemalige HPM-Stimmen gingen an die Freiheitlichen. Geringer der Austausch zwischen FPÖ und BZÖ: Hier konnte das BZÖ mit 17.000 Stimmen den Saldo für sich entscheiden.

Grüne verloren an LIF
Das Liberale Forum zog vor allem von ÖVP, SPÖ und Grünen Stimmen ab. 24.000 Wähler gingen demnach von der ÖVP an die Liberalen. Die Grünen verloren 21.000 Stimmen an die letztlich am Einzug in den Nationalrat gescheiterte Partei von Heide Schmidt - die gleiche Zahl wanderte von der SPÖ an das LIF.

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