ORF.at fragte nach, ob diese Variante der Prämiengestaltung auch in Österreich üblich ist.
Statistische Erhebung
Berechnet wird die Prämienklasse für Haftpflicht- und Kaskoversicherungen in Deutschland anhand der Schadenshäufigkeit bei den verschiedenen Autotypen. Statistiker erheben diese Daten für 19.000 Automodelle.
Die Ergebnisse werden dann jährlich vom deutschen Gesamtverband der Versicherungswirtschaft(GDV) im "Typklassenverzeichnis" veröffentlicht. Je höher die Typklasse eines Autos, desto teurer ist auch die Versicherung.
Prämie nach Motorleistung
"In Österreich ist diese Variante der Prämiengestaltung bei Haftpflichtversicherungen nicht üblich", sagt Bernhard Albrecht vom Versicherungsverband Österreich (VVO). Hier wird die Prämie hauptsächlich nach der Motorleistung berechnet.
Bei Kaskoversicherungen wird ein grober Unterschied zwischen den Modellen gemacht, da Reparaturkosten berücksichtigt werden müssen. So detailliert wie im "Typklassenverzeichnis" wird hier allerdings nicht unterschieden.
Einzige Ausnahme
Die einzige Versicherungsanstalt, die in Österreich ihre Prämien auch vom Automodell abhängig macht, ist die VAV.
Bei der Berechnung der Prämien verwendet die Versicherungsanstalt das Verzeichnis aus Deutschland als Grundgerüst. Zusätzlich werden noch interne Statistiken anhand der Schadensverläufe der bei der VAV versicherten Autos erstellt.
Testsieger
Mit diesem deutschen Modell der Prämiengestaltung schnitt die VAV bei einem Kfz-Haftpflichtversicherungsvergleich des Testmagazins "Konsument" besonders gut ab.
Für die getesteten Modelle VW Golf TDI und Renault Grand Espace waren die Versicherungen bei der VAV am günstigsten. Allerdings lässt sich dieses Ergebnis nicht auf andere Automodelle umlegen, da die Testmodelle in eine vergleichsweise niedrige Typklasse fallen.
"Deutsche Daten für Österreich relevant"
"Ein wichtiger Grund, das deutsche Typklassenverzeichnis für die Prämiengestaltung zu verwenden, ist, dass man von der Typklasse leicht auf das Risiko rückschließen kann. Wir schließen vom Auto auf den Fahrertyp und damit auf das Risiko", sagt Norbert Griesmayr, Generaldirektor der VAV.
Zudem könnten die deutschen Statistiken auch auf Österreich angewendet werden: "Die Abweichungen sind nur marginal. Es fließen Millionen Daten aus einem zehnmal so großen Markt ein, die selbstverständlich auch für Österreich relevant sind", so Griesmayr.
Weniger Unfälle in Deutschland
Dem widerspricht Andreas Kößl, Leiter der Uniqa-Kfz-Versicherung: "Deutschland hat eine bessere Unfallstatistik, da die Verkehrsdichte durch den Transitverkehr in Österreich zu mehr Unfällen führt." Aber auch die Topografie sei eine andere, weswegen die Daten nicht vergleichbar seien.
"Halten gerne an Altlogik fest"
Für viele andere Versicherungsanstalten ist das Fehlen von Daten, wie sie im "Typklassenverzeichnis" enthalten sind, für Österreich ein Grund, die Prämien für Haftpflichtversicherungen weiterhin nach der Motorleistung und dem Schadensverlauf (Bonus-Malus) zu berechnen.
"In Österreich gibt es einfach keinen Zugang zu so umfassenden Daten. Außerdem halten die Versicherer gerne an der Altlogik, also dem Bonus-Malus-System und der Berechnung nach Motorleistung, fest", sagt Markus Kraus, Produktmanager der Generali-Gruppe.
Auch Albrecht vom VVO sieht keine Notwendigkeit für eine Veränderung: "Das Modell der Berechnung nach Motorleistung hat sich durchgesetzt, und dabei ist man geblieben."
Weniger fahren, weniger zahlen
Zudem lasse sich laut Kößl von der Motorleistung auf die Fahrhäufigkeit rückschließen, denn: "Kunden, die sich stärkere Autos kaufen, fahren auch mehr." Und Kunden, die mehr fahren, hätten statistisch auch mehr Unfälle.
Daher bietet die Uniqa seit November 2007 auch die GPS-basierte Autoversicherung "SafeLine" mit einem kilometerabhängigen Tarifmodell. Die eingebaute GPS-Box misst nicht nur die gefahrenen Kilometer, sie erkennt auch, ob es sich um Stadt-, Land- oder Autobahnstrecken handelt.
Die zurückgelegten Kilometer auf Autobahnen und Schnellstraßen sind um 20 Prozent günstiger bewertet, weil dort die Unfallhäufigkeit geringer ist.
Claudia Kahla, ORF.at
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