Seit den 90er Jahren sind der aus Graz stammende Markus Muntean und die in Haifa geborene Adi Rosenblum fester Bestandteil einer jungen Kunstszene, die sich freisinnig mit klassischen Bildtraditionen auseinandersetzt.
Die Anerkennung, die die beiden auf dem internationalen Kunstmarkt erfahren, geht in der öffentlichen Wahrnehmung nicht selten mit einer Blicktrübung einher: Da ist man schnell in die Schublade der modischen Vertreter einer neuen Gegenständlichkeit gesteckt.
Neuer Blick aufs Werk
Eine fundierte (und zugleich höchst poetische) Auseinandersetzung der Arbeiten von Muntean und Rosenblum ermöglicht nun eine Werkschau im Essl Museum in Niederösterreich, die in enger Zusammenarbeit mit den Künstlern entstanden ist. "Between what was and what might be" lautet der Titel, und dieser ist Programm zu Bildwelten, in denen immer ein Schwebezustand zwischen traditioneller Bildsprache und zeitgenössischen Endzeitstimmungen ausgelotet wird.
Protagonisten der Bilder sind stets Jugendliche - ihre Kleidung der Gegenwart, ihre Posen dagegen den Darstellungskonventionen etwa der italienischen Renaissance entnommen. Auch technisch orientiert man sich an der Renaissance, etwa in der perspektivischen Arbeit und der Verlängerung des Bildraumes in die Tiefe.
In der Malerei schimmern auch Vorzeichnungen durch (oder werden zeichnerische Akzente mit in die Ölfarbe gesetzt)- auch das offenbar, um die Poetik des flüchtigen Überganges zu verstärken.
"Vierhändige" Kompositionen
Den Entstehungsprozess der Bilder lässt das zurückhaltende Künstlerpaar bewusst im Dunkeln. "Von der vierhändigen Malerei" war zuletzt in einem der raren Interviews der zwei in der "Presse" zu lesen. Auch auf diese Art kann man elegant umgehen, dass einem von außen zu sehr in die Karten geblickt wird.
Auf der Pressekonferenz wurde das Schweigen der anwesenden Künstler gleich zum Stein des Anstoßes. Immerhin dürfe man doch erfahren, was die zwei Männer (in der Annahme, "Adi" könne nur die Kurzform eines bekannten deutschen Männernamens sein) mit ihrer Kunst mitteilen wollten. Doch zu erfahren war aus dem Mund von Adi Rosenblum nur so viel: Von der Arbeit an der Akademie habe man eines bestimmt nicht mitgenommen: die Ausrichtung an der Tradition.
"Wir haben ein System entwickelt, um die Malerei in zeitgenössischer Weise durchführen zu können", sagte Markus Muntean jüngst in der "Presse".
"Das Bild ist nicht komplett"
Teil dieser "zeitgenössischen Weise" ist der dicke weiße Rand um das klassisch gearbeitete Ölbild. Am unteren Teil des Randes trägt jedes Bild einen kurzen, aphoristischen Text in englischer Sprache. Das klassische Tableau wandert auf diese Weise in den Bereich des Comic- bzw. Abziehbildes. Entsprechende mediale Verflachungen scheinen bewusst eingeplant. Der weiße Rand verweise über das Bild hinaus - darauf, dass "das Bild nicht komplett ist", so Muntean.
Die Texte auf den Bildern können im Zusammenhang mit den Bildsujets gelesen werden. Sie mögen Grundsatzstatements der Künstler sein. So wie die Bildsprache zeichnet sie ein Charakteristikum aus: Sie sind geborgt - und das führt am Ende zum Auftrag einer Neuzusammensetzung, was letztlich nie ohne Verfremdung abgehen kann.
Bedeutung und Bedeutungsentzug
Wie man Bilder erzählt und wie man über Bilder redet, das wollen Rosenblum und Muntean neu verhandelt wissen. Der Suche nach Bedeutung folgt immer auch der Bedeutungsentzug.
Auch die Videos von Muntean und Rosenblum verlangen eine Überprüfung der eigenen Sehgewohnheiten. Bei den in der Ausstellung gezeigten Videoarbeiten "Shroud" (Leichentuch) und "Run" wird das besonders deutlich. Unsere Blicke, und das gilt gerade für das Bewegtbild, sind durch Konventionen geschult. In "Shroud" liegt ein alter Mann mit einem Tuch über den Lenden vor uns, beobachtet von zwei jungen Gesichtern. Die Fährte führt zu Andrea Mantegnas "Beweinung Christi" (1490/1500) - selbst die Lichtführung scheint vom Meister der Frührenaissance geborgt.
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©Bild: Muntean/Rosenblum; Foto: Mischa Nawrata |
Abstand von den Pointen
Dieser Übergang von der alten zur zeitgenössischen Bildwelt wird freilich nicht als Pointe konstruiert. Hier wollen Künstler keine Akzente in Form listiger Botschaften setzen. Wenn, dann kalkulieren sie mit der Verunsicherung, wenn das Alte auf das Neue trifft.
Denn die List liegt letztlich im Medium der darstellenden Kunst selbst. Sie ermöglicht das scheinbar harmonische Zusammenführen von Dingen und Bedeutungen, die oft weit auseinanderliegen.
Eine junge Frau kauert auf einem der großformatigen Bilder in klassischer Pose unter einer überdimensionalen Baggerschaufel. Die Bedrohung des Menschen durch das technische Gerät wirkt ins Gegenteil verkehrt.
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©Bild: Muntean/Rosenblum; Foto: Mischa Nawrata |
Gerald Heidegger, ORF.at
Ausstellungshinweis
Muntean/Rosenblum: Between what was and what might be. Bis 1. Februar 2009, Essl Museum, Klosterneuburg. Zur Ausstellung wird im Lauf der Oktober ein Katalog erscheinen.
Als Service für Besucher aus Wien hat das Museum einen Gratis-Shuttlebus von der Wiener Innenstadt zum Essl Museum eingerichtet. Der Bus fährt vom Albertina-Platz 2 (Cafe Mozart) dienstags bis sonntags um 10.00, 12.00, 14.00 und 16.00 Uhr ab.
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