Der vor 150 Jahren geborene Kronprinz der Habsburger-Monarchie, der einzige Sohn von Kaiser Franz Joseph I. und Kaiserin Sisi, führte ein bewegtes Leben, das bis heute durch die Tragödie von Mayerling überschattet ist.
Die letzte Chance der Monarchie?
Wie Rudolf als Monarch regiert hätte, wäre er am Leben geblieben, darüber lässt sich nur spekulieren. Er hätte womöglich jene radikale Umgestaltung durchgesetzt, gegen die sich sein Vater beharrlich wehrte, die aber wohl die einzige Rettung für die zerbrechende, bald obsolete Habsburger-Monarchie gewesen wäre.
Rudolfs tatsächliches Vermächtnis ist ein anderes. Sein Tod und der seiner Geliebten Mary Vetsera gaben Anlass für unzählige Veröffentlichungen, Filme und Fernsehreportagen. Und der Tatort ist zu einer Tourismusattraktion ersten Ranges geworden.
Verschwörungstheorien halten sich hartnäckig
In der Nacht zum 30. Jänner 1889 fielen im Jagdschloss Mayerling zwei Schüsse. Der erste tötete die 17-jährige Baronesse Maria Alexandrine Freiin von Vetsera, genannt Mary. Der zweite beendete das tragische Leben des Thronfolgers, der die Hoffnung vieler liberaler Kräfte seiner Zeit war.
Kronprinz Rudolf schoss sich im Alter von 30 Jahren mit einer Pistole in den Kopf, nachdem er zuvor seine junge Geliebte - vermutlich auf deren Wunsch und wohl Stunden vor seinem Freitod - mit einer Kugel in die linke Schläfe getötet hatte. Oder wurde Rudolf zum Opfer eines politischen Komplotts, wie bis heute gern - unter anderem von österreichischen Monarchisten - spekuliert wird?
Militärische Erziehung
Der junge Habsburger, der am 21. August 1858 in dem nur 25 Kilometer von Mayerling entfernten Schloss Laxenburg geboren wurde, geriet bereits als Kind in das Spannungsverhältnis der schwierigen Ehe von Franz Joseph und Elisabeth.
Der sensible und nervöse Bub erhielt auf Befehl des Vaters schon in frühesten Jahren eine militärische Erziehung. An der übertriebenen Strenge - Rudolf musste stundenlang in Regen und Kälte exerzieren und wurde manchmal sogar mit Pistolenschüssen geweckt - zerbrach der Thronfolger beinahe. Erst als Sisi massiv bei Franz Joseph intervenierte und ihm ein Ultimatum stellte, bekam der Kronprinz neue Lehrer.
Liberale Lehrer
Rudolf erhielt nun eine "bürgerliche" Erziehung, die von großteils liberalen Persönlichkeiten, etwa dem Historiker Anton Gindely und dem Nationalökonomen Carl Menger, geleitet wurde.
Als junger Mann unternahm Rudolf weite Reisen, beispielsweise nach England und in den Orient. Zweimal begleitete ihn dabei der Zoologe Alfred Brehm. Zu Rudolfs engen Freunden gehörten Journalisten und zahlreiche jüdische Intellektuelle. Antisemitische Kreise beschimpften ihn deshalb als "Judenknecht".
Auf Schritt und Tritt verfolgt
Von den zahllosen Polizeispitzeln am Hof wurde er auf Schritt und Tritt verfolgt, nicht zuletzt, weil er Kontakte zu Liberalen in ganz Europa aufnahm. Er sah sich als Freund Frankreichs, sympathisierte mit England, Ungarn und den Deutschliberalen.
All das bot viel Konfliktstoff mit dem erzkonservativen Vater, aber auch mit der engstirnigen, hochadeligen Wiener Gesellschaft. Rudolfs Scheitern war programmiert.
Ehe wurde zum Desaster
Seine Zwangsehe mit der 16-jährigen belgischen Prinzessin Stephanie wurde zum Desaster. Bald gab es Gerüchte über eine bevorstehende Scheidung. Rudolf besuchte mit seinen Freunden lieber regelmäßig Prostituierte. Er infizierte sich mit einer damals noch nicht heilbaren Krankheit - vermutlich Syphilis oder Gonorrhoe -, die zwei Jahre vor seinem Tod ausbrach.
Gleichzeitig spitzte sich auch die Persönlichkeitskrise des Thronfolgers zu. Er pflegte eigenwillige Freundschaften, etwa mit dem Fiaker Josef Bratfisch und der Prostituierten Mizzi Caspar, und litt zunehmend unter Schlafmangel, Rastlosigkeit und Erschöpfung.
Nie komplett aufgeklärt
Dann kam es zur Tragödie. Am 26. Jänner 1889 hatte Rudolf eine dramatische Auseinandersetzung mit seinem kaiserlichen Vater, der Rudolfs liberale Ansichten und Träume nicht zu dulden bereit war.
Am 28. Jänner begab er sich in das Jagdschloss Mayerling bei Heiligenkreuz im Wienerwald. In der Nacht auf den 30. Jänner erschoss er dort Vetsera und sich selbst. Hundertprozentig ist dieser Mord und Selbstmord - oder Doppelselbstmord - nie aufgeklärt worden. Eingeweiht dürften nur Bratfisch und der Kammerdiener Johann Loschek gewesen sein.
Hof wollte Vorfall vertuschen
Der schockierte Hof versuchte, den wahren Sachverhalt zu vertuschen. Man sprach zunächst von einem Jagdunfall, von Herzschlag sowie von einer Geisteskrankheit des Kronprinzen, wodurch ein christliches Begräbnis möglich wurde.
Widersprüchliche Meldungen durcheilten die Monarchie und ganz Europa. Rudolfs Mutter Elisabeth trug fortan nur noch Trauerkleidung, ihren Schmuck verschenkte sie. Vetseras Leiche wurde in aller Heimlichkeit auf dem Friedhof von Heiligenkreuz beigesetzt.
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