Sinowatz sei ein großer Österreicher gewesen, der entscheidend am Werdegang Österreichs zu einem modernen Staat mitgewirkt habe, so Gusenbauer. "Mit Sinowatz verlieren wir einen Menschen mit großer Erfahrung, Klugheit und tiefer Menschlichkeit. Ich persönlich verliere einen guten und lieben Freund."
Seit langem gesundheitliche Probleme
Sinowatz stand von 1983 bis 1986 an der Spitze der ersten rot-blauen Koalition, oft zitiert wird sein nahezu legendärer Ausspruch: "Es ist alles sehr kompliziert." Als Zeichen der Trauer werden Hofburg, Bundeskanzleramt und Parlament schwarz beflaggt.
Der Altkanzler hatte in der Vergangenheit schon wiederholte Male mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen gehabt. Beim SPÖ-Parteitag am Freitag war sein Platz schon leer geblieben. Es war erst der zweite Parteitag in 50 Jahren gewesen, bei dem Sinowatz gefehlt hatte.
Eineinhalb Jahrzehnte in der Regierung
Sinowatz hatte insgesamt eineinhalb Jahrzehnte der Bundesregierung angehört. Nach einer langen Periode als Unterrichtsminister kam ihm die undankbare Aufgabe zu, der Legende Bruno Kreisky nach dessen Abtritt 1983 als Kanzler nachfolgen zu müssen.
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©Bild: APA |
Waldheim und Noricum
Im Zusammenhang mit dem Vorwurf, die Causa um "Waldheims braune Vergangenheit" bewusst losgetreten zu haben, wurde Sinowatz in den 90er Jahren wegen falscher Zeugenaussage zu einer Geldstrafe von 360.000 Schilling verurteilt.
Im Noricum-Prozess ebenfalls angeklagt, wurde Sinowatz jedoch freigesprochen. Der Vorwurf, er habe im Zusammenhang mit Waffenlieferungen der Firma Noricum in den Iran sein Amt missbraucht, die Neutralität gefährdet und damit Österreich vorsätzlich geschadet, hatte ihn nach eigenen Worten "fertiggemacht".
Ab 1971 in Regierung
Sinowatz, geboren am 5. Februar 1929, begann seine politische Karriere 1961 als Landesparteisekretär im Burgenland, 1966 trat er als Landesrat in die burgenländische Landesregierung ein. 1971 erfolgte der Wechsel als Unterrichtsminister nach Wien.
Nach dem Rücktritt von Hannes Androsch stieg er zehn Jahre später, im Jänner 1981, auch zum Vizekanzler und später zum stellvertretenden Parteivorsitzenden auf. Vor allem in seiner Zeit als Unterrichtsminister konnte er Erfolge verbuchen und Anerkennung gewinnen.
Erfolge als Unterrichtsminister
Auf Sinowatz' Konto gehen etwa Verdienste bei der Schaffung von Chancengleichheit im Bildungswesen, der Demokratisierung der Schule und beim Ausbau eines liberalen Geistes- und Kulturklimas. Er selbst war stolz darauf, "alle sozialen Schranken, etwa beim Zugang zu den Schulen, weggeräumt" zu haben.
Im Gegensatz zu seinem Wirken als Unterrichtsminister standen die Jahre als Regierungschef dagegen unter keinem guten Stern. Zur ungeliebten Koalition mit der FPÖ kamen etwa die Konfrontation rund um das geplante Donaukraftwerk bei Hainburg und der Weinskandal.
Zurückgezogen im Burgenland gelebt
Auch vergleichsweise gute Wirtschafts-, Sozial- und Budgetzahlen konnten am Bild des "glücklosen Kanzlers" nichts ändern. Sinowatz-Zitate wie "Ohne die Partei bin ich nichts" und "Es ist alles sehr kompliziert" waren einem Image als "Macher" ebenfalls nicht förderlich.
Der promovierte Historiker lebte zuletzt zurückgezogen in seiner Heimat im Burgenland. In seinem von randvollen Bücherregalen dominierten Haus in Neufeld an der Leitha widmete er sich historischen Studien. Der Witwer hinterlässt eine Tochter und einen Sohn.
Bundeskanzleramt: Kondolenzbuch liegt auf
Ein Kondolenzbuch wird ab Dienstagnachmittag im Bundeskanzleramt für Sinowatz aufgelegt - mehr dazu in oesterreich.ORF.at
Links:
- SPÖ
- Fred Sinowatz (Wikipedia)