Singen, tanzen und gut aussehen

Nach Britney Spears und Lindsay Lohan schickt der Disney-Konzern eine neue Riege Teenie-Stars auf die Menschheit los.
Die "Los Angeles Times" ortet dieser Tage neben Immoblase und niedrigem Dollar-Kurs noch eine Krise ganz anderer Art: "eine Rezession auf dem Britney-Markt".

Britney Spears, der Inbegriff des von Paparazzi verfolgten Megastars, die Popsängerin, deren Leben vom Megaerfolg als Teenie-Star über diverse Affären bis hin zum Totalzusammenbruch jahrelang die Klatschpresse auf Trab gehalten hatte, scheint plötzlich kein Thema mehr zu sein.

"Sie ist langweilig"
Pro Fotoagentur waren noch im Vorjahr sechs bis acht Paparazzi rund um die Uhr im Spears-Einsatz, jetzt sind es maximal zwei. "Sie ist langweilig. Sie hat nicht einmal einen Freund", zitiert die US-Zeitung einen Agenturchef.

Sie ist nicht die Einzige: Paris Hilton taucht seit ihrer Liaison mit Good-Charlotte-Sänger Benji Madden nur noch alle paar Wochen in den Society-Kolumnen auf. Und für Lindsay Lohan interessieren sich die Fotografen auch nur noch, wenn sie mit ihrer angeblichen neuen Liebe, der Britin Samantha Ronson, durch Los Angeles schlendert.

Starfabrik Disney
In Sachen skandalträchtiger Prominenz scheint es in den letzten Monaten tatsächlich einen Generationswechsel gegeben zu haben. Inzwischen gilt die ganze Aufmerksamkeit des Boulevards Jungstars wie Miley Cyrus, Vanessa Hudgens, Ashley Tisdale und Zac Efron - den Stars der Teenie-Serie "Hannah Montana" und der Filmreihe "High School Musical".

Eine Konstante gibt es dabei: Die Starfabrik, aus der die jungen Promis stammen, ist wieder einmal der Disney-Konzern, der schon Spears, Lohan, Christina Aguilera und Justin Timberlake groß gemacht hatte.

Gewinn steigt
Erst vor wenigen Tagen veröffentlichte der Unterhaltungskonzern seine jüngsten Quartalszahlen. Disney fuhr im Vergleich zum Vorjahr neun Prozent mehr Gewinn ein - unter anderem aufgrund der hohen Lizenzeinnahmen mit den Marken "Hannah Montana" und "High School Musical".

Sie sind inzwischen in allen Konzernzweigen präsent: Es gibt Musik, Bücher, Videospiele, Konzertreihen, Bühnenmusicals und Eiskunstshows. Die zwei "Hannah Montana"-Alben haben in den USA längst Platin-Status.

Für den perfekten Highschool-Style
Das jüngste Produkt, eine Castingshow für den neuen "High School Musical"-Film bei Disneys Fernsehtochter ABC, tanzt zwar etwas aus der Reihe und floppt gerade.

Die Merchandising-Produkte, die für die nächsten Monate und fürs günstig mit dem Filmstart zusammentreffende Weihnachtsgeschäft geplant sind - darunter ein "High School Musical"-Haarstyling-Set und "Hannah Montana"-Kissen mit Geheimfächern -, werden etwaige Verluste aber locker wieder hereinspielen.

Weltweites Phänomen
"High School Musical" ist ohnehin ein Phänomen: Aus einem kleinen, billig produzierten Fernsehfilm wurde eine globale Entertainment-Marke.

"High School Musical", Teil eins, lief im Jänner 2006 im Kabelsender Disney Channel, war dort sehr erfolgreich, aber trotz späterer internationaler Auswertung noch ganz klar ein US-Phänomen. Die Fortsetzung lief im Herbst 2007 schon fast parallel in weltweiten Fernsehsendern, auch im ORF.

Dritter Film kommt in die Kinos
Derzeit dreht das in weiten Teilen gleiche Team den dritten Teil, der im Herbst weltweit in die Kinos kommen wird - ein höchst ungewöhnlicher Vorgang für eine "Franchise", die ihren Ursprung im Kabel-TV hat. Als Budget sind läppische 13,3 Millionen Dollar veranschlagt, ein Bruchteil anderer Hollywood-Produktion.

Finanziell rentiert sich das fröhliche Singen und Tanzen gutaussehender Jugendlicher auf der Leinwand dadurch in jedem Fall. Und inzwischen sind die "High School Musical"-Stars auch hierzulande schon so bekannt, dass ein Misserfolg des Kinofilms nur noch schwer vorstellbar ist.

Die neuen Skandal-Promis
Tisdale gibt - wie Spears zu Beginn ihrer Karriere - die Sauberfrau, die keine Drogen nimmt, keinen Alkohol trinkt und selbst diverse Schönheitsoperationen nicht mit Eitelkeit, sondern mit medizinischen Motiven begründet.

Ganz anders Hudgens: Von der damals 18-Jährigen tauchten im Vorjahr "private" Nacktfotos auf; außerdem hat sie eine Vorliebe dafür, sich mit ihrem Freund Efron in eigentlich nicht Disney-tauglichen Posen am Strand ablichten zu lassen.

Efron selbst sorgt allein schon deshalb für Schlagzeilen, weil er sich in den letzten Monaten unnatürlich schnell vom schüchternen "Zniachtl" zum muskelbepackten Hollywood-Schönling entwickelte.

Cyrus' Pannen
Das passt nicht wirklich zum klinisch-sauberen Disney-Image. Aber die "High School"-Clique ist immerhin schon volljährig, weshalb Disneys Aufpasser aus der PR-Abteilung ihre Eskapaden eher durchgehen lassen als die Ausrutscher ihres anderen Megastars.

Miley Cyrus, die 15-jährige Sängerin und Schauspielerin, die als Kunstfigur "Hannah Montana" zum Megastar wurde, benimmt sich gern wie ein ganz normaler Teenager, mit allen Dummheiten, die dazugehören. Sie postete "wilde" Partyfotos auf ihrer MySpace-Seite und schoss unbeholfene Bikinifotos von sich selbst, die dann im Internet auftauchen.

Zu den Pannen gehörte auch, dass sich Cyrus dabei erwischen ließ, wie sie durch den Themenpark des Disney-Konkurrenten Universal schlenderte.

Der Leibovitz-Skandal
Als besonders problematisch erwies sich eine Fotostrecke, die Starfotografin Annie Leibovitz für das Magazin "Vanity Fair" anfertigte. Cyrus ist darauf mit nacktem Rücken und lediglich mit einer Bettdecke verhüllter Brust zu sehen.

Disney reagierte schnell und distanzierte sich von den Fotos; die 15-Jährige sei von "Vanity Fair" "bewusst manipuliert worden, um mehr Zeitschriften zu verkaufen". Seither bemühen sich Cyrus, ihre Familie und ihre Berater sichtlich um Imagepflege - doch unter den Disney-Managern ist die Sorge groß, dass die Halbwertszeit ihres Stars begrenzt ist.

Die Jonas-Brüder und das Keuschheitsgelübde
Zum Glück hat der wertkonservative Unterhaltungsriese noch eine moralisch weniger verwerfliche Boygroup im Köcher: Die Jonas Brothers, eine Rockband aus New Jersey, deren Mitglieder drei Brüder im Teenageralter sind, veröffentlichen demnächst nicht nur ein neues Album, sie sind auch die Stars des Disney-Fernsehfilms "Camp Rock", das ganz dem "High School Musical"-Prinzip folgt.

Skandale sind bei ihnen nicht zu erwarten: Die Jonas-Brüder tragen Keuschheitsringe an ihren linken Ringfingern und haben gelobt, keinen Sex vor der Ehe zu haben. Walt Disney wäre stolz auf sie.

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