Franz Kafka, Jurist und Autor

Franz Kafka führte ein "schreckliches Doppelleben": Tagsüber Jurist bei einer Versicherung, nachts Autor surrealer Geschichten.
Franz Kafka, das älteste Kind einer deutschsprachigen jüdischen Kaufmannsfamilie, wurde am 3. Juli 1883 in Prag geboren.

Das Leben der Kafkas war geprägt vom "Geschäft", in dem Schirme, Spazierstöcke, Handschuhe und andere "Galanteriewaren" verkauft wurden. Es bescherte den Lebensunterhalt und den allmählichen sozialen Aufstieg.

Kafka wirkte wie eingeklemmt in dieses Leben: Sein Schreibtisch und Bett standen im bescheidenen Durchgangszimmer zwischen dem Elternschlafzimmer und der guten Stube. Seine drei Schwestern teilten sich einen Raum.

Frühe literarische Versuche
Ab 1889 besuchte er die Deutsche Knabenschule in Prag, später das Altstädter Deutsche Gymnasium. Bereits sehr früh begann er zu schreiben und beschäftigte sich mit sozialistischen Ideen. Sein Frühwerk gilt als verschollen - vermutlich vernichtete er es selbst.

Begegnung mit Max Brod
Nach der Matura studierte Kafka Jus. Für einen Moment lag zwar die Idee der Befreiung in der Luft, ein Germanistikstudium in München nämlich. Aber er blieb in Prag und promovierte, knapp 23 Jahre alt, zum Doktor juris.

Während des Studiums lernte er den Dichter Max Brod kennen, eine tiefe Freundschaft entstand. Aus dieser Zeit stammen die frühesten erhaltenen Prosaarbeiten, die "Beschreibung eines Kampfes" und die "Hochzeitsvorbereitungen auf dem Lande".

1908 veröffentlichte Kafka erste Texte in einer Zeitschrift, 1912 schrieb er "Das Urteil" und "Die Verwandlung", und 1913 kam das Bändchen "Betrachtung" heraus. Zugleich machte er Karriere als Jurist bei der Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt.

"Schreckliches Doppelleben"
Für ihn war es ein "schreckliches Doppelleben", wie er in seinem Tagebuch schrieb: Von 8.00 bis 14.00 Uhr befasste sich Kafka mit Arbeitsunfällen in Fabriken und wie sie zu verhindern gewesen wären.

Er plädierte für die Einführung runder Wellen in Hobelmaschinen statt der gefährlichen Vierkantwellen und schlug sich mit Fabrikanten herum, die sich gegen die Versicherungsbeiträge wehrten. Nachts, wenn die Wohnung endlich ruhig geworden war, schrieb er Geschichten, in denen er seine Figuren in beklemmende, angsterfüllte Situationen stürzte - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Bei Brod lernte Kafka in der Zwischenzeit Felice Bauer kennen und verliebte sich in sie. Kurz darauf verfasste er "Das Urteil", "Die Verwandlung" und die ersten Kapitel des Amerikaromans. 1914 begann es in der Beziehung mit Felice Bauer zu kriseln. Eine Verlobung im Juni wurde einen Monat später aufgelöst.

Freiheit von daheim
Bei seiner älteren Schwester konnte Kafka ab 1914 in einem eigenen Arbeitszimmer schreiben. 1915 zog er von zu Hause aus. In Marienbad machte er Urlaub - mit Bauer.

Von November 1916 bis Mai 1917 arbeitete er in einem Häuschen in der Prager Alchimistengasse. In den "acht Oktavheften" (in Wirklichkeit wohl neun, da mindestens eines nicht überliefert ist) entstanden dort etwa der "Kübelreiter" und "Beim Bau der chinesischen Mauer".

Geplatzte Verlobungen
1917 verlobte sich Kafka ein zweites Mal mit Bauer. Als bei ihm Tuberkulose diagnostiziert wurde, trennte er sich aber endgültig von ihr. Zwei Jahre später verlobte er sich mit der jüdischen Tschechin Julie Wohryzek. Ein Hochzeitstermin scheiterte, 1920 wurde die Verlobung aufgelöst.

Im selben Jahr begann er eine "literarische Liebesbeziehung" mit der tschechischen Journalistin Milena Jesenska, die einige seiner Dichtungen ins Tschechische übertrug.

Von Prag nach Berlin
1922 wurde Kafka frühpensioniert und verfasste das erste der zwei "Testamente". Dem als Nachlassverwalter eingesetzten Brod trug er die Vernichtung seines gesamten literarischen Nachlasses auf. Brod kam diesem Wunsch nicht nach.

Im Sommer 1923 lernte er bei einem Urlaub an der Ostsee die aus Polen stammende Jüdin Dora Diamant kennen und zog kurz darauf zu ihr nach Berlin. 1924 kehrte er nach Prag zurück.

Arbeiten bis zur letzten Minute
Die Tuberkulose war inzwischen auf den Kehlkopf übergegriffen, so dass Kafka kaum noch essen, trinken und sprechen konnte. Trotz seines schlechten Zustands las er im Sanatorium bei Klosterneuburg die Druckfahnen für den "Hungerkünstler"-Band Korrektur.

Am 3. Juni 1924 starb Franz Kafka. Er wurde acht Tage später auf dem jüdischen Friedhof in Prag-Straschnitz begraben.

Link: