Mord, Sex und Korruption

Roger Donaldson hat einen Thriller über den legendären Bankraub am 11. September 1971 gedreht.
Der "Walkie-Talkie-Raub" hat im September 1971 die britische Öffentlichkeit in Atem gehalten: Über einen 13 Meter langen Tunnel aus einem Keller in der Nachbarschaft drangen mehrere Täter in die Lloyds Bank in der Baker Street in London ein.

Im Tresorraum raubten sie etliche Schließfächer aus und entkamen mit einer Beute, die heute über sechs Millionen Euro wert wäre. Das Verbrechen gibt bis heute Rätsel auf. Jetzt hat Roger Donaldson den Fall als "The Bank Job" verfilmt.

Quer durch alle Genres
Der neuseeländisch-australische Regisseur hat eine mehr als bewegte Hollywood-Karriere hinter sich. Sein Gesamtwerk zeichnet sich nicht durch eine klare Linie oder eine persönliche Handschrift aus, seine Filme schwanken zwischen solidem Handwerk, veritablem Trash, im besten Fall aber auch exakter Beobachtung.

Er drehte die Tom-Cruise-Klamotte "Cocktail" und das Science-Fiction-B-Filmchen "Species" ebenso wie "Thirteen Days", eine erstaunlich nüchterne und effektive Nacherzählung der Kuba-Krise.

Maulkorberlass
Solche Stoffe scheinen Donaldson zu liegen. Auch "The Bank Job" beruht auf einer tatsächlichen Begebenheit. Während die Sitzungsprotokolle aus dem JFK-Krisenstab offen zugänglich sind, sind die Hintergründe des Raubzugs auf eine Bank in der Londoner Baker Street aber kaum bekannt.

Jegliche Berichterstattung wurde vier Tage nach der Tat am 11. September 1971 von der britischen Regierung mit dem Verweis auf die "nationale Sicherheit" unterbunden. Diese Zensur hat Verschwörungstheorien Tür und Tor geöffnet: In der Bank sei belastendes Material über ein Mitglied der Königsfamilie gelagert worden, wird bis heute gemunkelt.

Skandalfotos in Schließfach?
Anlässlich des Filmstarts in Großbritannien spekulierte die Boulevardpresse über skandalöse Sexfotos von Prinzessin Margaret, der 2002 gestorbenen Schwester der Queen.

Und eine weitere pikante Verwicklung spielt eine Rolle: Laut der Theorie, die auch die Grundlage des Films ist, hortete Michael X, berühmt-berüchtigter Drogendealer und selbst ernannter Black-Power-Führer a la Malcolm X, die Fotos als Druckmittel für den Fall seiner Verhaftung.

Anonymer Insider
Donaldson und seine Drehbuchautoren behaupten nun, in ihrem Film ganz neue Fakten über die Räuber und deren Hintermänner aufzuarbeiten, und deuten eine Verschwörung des Inlandsgeheimdienstes MI5 an. Sie berufen sich dabei auf einen angeblichen Insider, dessen Informationen ins Drehbuch einflossen.

Über den Wahrheitsgehalt dieser Behauptung lässt sich natürlich streiten. Und dass die Filmemacher den Plot mit viel Fantasie auf Kinotauglichkeit hinbiegen, liegt - wie bei allen "wahren Geschichten" - auch auf der Hand.

Amateurfunker fertigte Mitschnitte an
Besonders faszinierend in "The Bank Job" sind jedenfalls jene Sequenzen, bei denen man ganz offen auf Originalmaterial zurückgreifen konnte: Ein Amateurfunker hörte zufällig den Funkverkehr zwischen den Gangstern ab, die gerade die Arbeiten am Tunnel durchführten.

Die Polizei reagierte auf den Hinweis des Funkers kaum und forderte ihn nur auf, die Gespräche auf Band mitzuschneiden. Dieser Mitschnitt wurde nach der Tat sogar im englischen Radio ausgestrahlt, spielt auch im Film eine Rolle und bietet einen faszinierenden Einblick in den "Arbeitsalltag" der Räuber.

"Mord, Sex und Korruption"
"The Bank Job" mischt diese pseudo-dokumentarischen Beobachtungen aus der Unterwelt mit viel 70er-Zeitkolorit und mit den erprobten Konventionen des Heist-Movies.

Die Gangster planen, forschen ihr Ziel aus, testen Grabungs- und Sprengvarianten; die Hintermänner ziehen aus eleganten Clubs die Fäden; die Polizei dilettiert vor sich hin.

Das alles ist mindestens so unterhaltsam wie die x-te Fortsetzung der "Ocean's"-Reihe und dabei weit weniger reißerisch, als es Produzent Charles Raven vermuten lässt, der von einer "unglaublichen, noch nie erzählten Geschichte über Mord, Sex und Korruption" spricht.

Statham gut besetzt
Auch der selbst ernannte Actionstar Jason Statham kann überzeugen und verleiht seiner Figur, dem Autoverkäufer und Bandenführer Terry, der bisher nur ein paar kleinere krumme Dinger gedreht hat, den richtigen Mix aus bodenständigen Prolosprüchen und sympathischer Cleverness.

Wie Terry und seine Kollegen nach dem mit Ach und Krach erfolgreich durchgeführten Bankraub zwischen alle Fronten geraten, bietet genug Stoff für solides Unterhaltungskino abseits berechenbarer Blockbuster.

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