Diese jahrhundertealte japanische Tradition hat man jetzt in Kolumbien als Geschäftsmodell entdeckt. Dort werden die besonders begehrten Herkuleskäfer gezüchtet, die bis zu 17 Zentimeter lang werden und imposante "Hörner" an Kopf und Brust tragen. Wegen ihres beeindruckenden Erscheinungsbilds wechseln sie in Japan um mehrere hundert Euro pro Stück den Besitzer.
Wie ein Samurai
Käfer sind in Japan mehr als nur Haustiere, sie gelten auch als Glücksbringer und Symbole für Kraft und Stärke. Ein Grund dafür könne sein, dass "ihre Körper dem Kopfschmuck eines Samurai ähneln", sagte der auf Japan spezialisierte US-Anthropologe Gavin Whitelaw jüngst in der "Los Angeles Times" ("LAT").
Das Fangen und Halten von Insekten - auf Japanisch "Mushi" - gehört zu den traditionellen Freizeitbeschäftigungen japanischer Kinder im Sommer und Herbst. Selbst Supermärkte und Postämter verkaufen lebende Insekten - nicht nur Käfer, sondern auch Grashüpfer und Grillen - und das passende Zubehör für ihre artgerechte Haltung. Sogar diverse Hightech-Spielzeuge wie Tamagotchi und Nintendogs und das virtuelle Sammeln von Pokemons gehen darauf zurück.
Lange Tradition
Schriftliche Zeugnisse über den Brauch, "den Herbst besingende Insekten" zu halten, reichen bis ins Jahr 1685 zurück. Um die Jahrhundertwende wurden dann "Mushiya" populär, Spezialgeschäfte für Insekten wie Leuchtkäfer und Grillen.
Manche Arten von Riesen- und Nashornkäfer werden in Japan und anderen asiatischen Ländern selbst gezüchtet, doch die besonders beeindruckenden Herkuleskäfer sind ausschließlich in Mittel- und Südamerika verbreitet.
Viel Entwicklungspotenzial
Die Ausfuhr dieser Tiere aus Kolumbien ist - mit entsprechender Lizenz - legal, doch trotz der extrem hohen Biodiversität des südamerikanischen Landes ist der Markt noch sehr unterentwickelt.
"Bio-Commerce", der Handel mit lebenden Waren, macht in Kolumbien laut "LAT" nur 17 Mio. US-Dollar aus. Hauptsächlich geht es dabei um Pflanzen und in der Medizin und der Kosmetik eingesetzte Kräuter, aber noch kaum um Tiere. Im benachbarten Peru machen die Exporte viermal so viel aus.
300 Käfer pro Monat
Die kolumbianische Regierung will den "grünen" Handel nun fördern und pumpt eine Million US-Dollar in Betriebe wie jene des Biotechnikers German Viasus, der die derzeit einzige Ausfuhrlizenz für Herkuleskäfer aus Kolumbien besitzt.
Viasus verschickt monatlich rund 300 der Herkuleskäfer, die in Tokio dann um 350 Dollar (ca. 225 Euro) den Besitzer wechseln. Der japanische Markt scheint unersättlich: "Auch wenn ich 1.000 Käfer pro Tag züchten könnte, würde ich sie alle verkaufen."
"Die Käfer haben eine Persönlichkeit", so Viasus. "Sie kennen die Menschen, die sich um sie kümmern. Bei uns sind sie ruhig, doch ähnlich wie Hunde werden sie in der Nähe von Fremden oder wenn sie Angst haben nervös."
Florierender Schwarzmarkt
Die Förderung des legalen Tierhandels soll auch den Schmugglern Wind aus den Segeln nehmen. Skorpione, Schildkröten und Flamingos zählen zu den Tieren, die illegal an zahlungskräftige Käufer aus aller Welt geliefert werden.
Große Probleme gibt es mit dem Wasserschwein, dem größten lebenden Nagetier der Erde, das vom Aussterben bedroht ist, dessen Fleisch aber gerade hohe Preise auf dem Schwarzmarkt erreicht.
Auf Farm gezüchtet
Weil Viasus' Käfer nicht aus dem Regenwald stammen, sondern auf einer eigenen Spezialfarm gezüchtet werden, ist dieser Handel legal. Die Larven werden in mit Sägespänen und Kompost gefüllten Beeten großgezogen und nach sechs Monaten in Terrarien verlegt.
Die schönsten und größten werden nach Japan verschifft, die anderen bleiben auf der Zuchtfarm. Neben Herkuleskäfern hat sich Viasus auf die ähnlich großen Neptunkäfer und auf etwas kleinere, aber schwerere Elefantenkäfer spezialisiert.
Links:
- Herkuleskäfer (Wikipedia)
- Los Angeles Times