Häuser mit Geschichte

1902 liefen in New York Wetten, wann der Wind das Flatiron Building umblasen würde.
Das Flatiron Building und das Chrysler Building in New York - das eine diese Woche ins Ausland verkauft, das andere offenbar demnächst - sind zwei der berühmtesten Gebäude von Manhattan. Auch wer noch nie dort war, kennt sie aus Bildern und Filmen.

Die stählerne Spitze des Chrysler wurde etwa in den Filmen "Deep Impact", "Armageddon", "A.I." und "Spider-Man" prominent ins Bild gerückt; das Flatiron wiederum musste beispielsweise für den "Spider-Man"-Film als Redaktion des "Daily Bugle" herhalten.

Die Mutter aller New Yorker Hochhäuser
Beide Gebäude sind architektonische Meilensteine. Das Flatiron aus dem Jahr 1902 ist zwar nicht der erste Wolkenkratzer der Welt, als der es manchmal bezeichnet wird, aber jedenfalls die "Mutter" aller New Yorker Hochhäuser.

Heute ist das Gebäude mit seinen 22 Stockwerken und 87 Metern ein Winzling in New York. Zur Zeit seiner Erbauung verschlug die - durch die Stahlrahmenkonstruktion erstmals erreichbare - Höhe den New Yorkern jedoch den Atem. Damals wurde stadtweit gewettet, wann der Wind das Haus umblasen würde.

Bügeleisen mit Zweimeterspitze
Noch heute wirkt die Konstruktion durch ihre spitze Form, die bis auf zwei Meter zusammenläuft, spektakulär. Der enge, dreieckige Bauplatz gab die Form vor, die dem Haus wiederum seinen Spitznamen gab: Flatiron, das Bügeleisen. Offiziell heißt es Fuller Building.

Während das Flatiron den Beginn der New Yorker Hochhausarchitektur markiert, steht das Chrysler Building (319 Meter Höhe, 77 Stockwerke) für seinen Art-Deco-Höhepunkt in den 30er Jahren. Architekten und Kunstkritiker schätzen es als weit wichtiger ein als etwa das Empire State Building.

Ganz nach dem Geschmack von New York
Auch die New Yorker selbst küren das Chrysler immer wieder in Umfragen zum Lieblingsgebäude in ihrer Stadt. Das mag auch damit zu tun haben, dass die Baugeschichte des 1930 fertiggestellten Wolkenkratzers eine Story ganz nach dem Geschmack von New York ist.

Das Chrysler mag heute nach der perfekten Umsetzung einer architektonischen Vision aussehen, in Wirklichkeit verdankt das Juwel sein Aussehen Zufällen, Streitereien und Eigensinnigkeiten des damaligen Bauherrn Walter P. Chrysler.

Ein Haus wie ein Auto
Vor allem die berühmte Krone des Wolkenkratzers ist das Resultat eines Gerangels zwischen dem Chef des Autokonzerns und seinem Architekten William van Alen. Der verwendete auch nur widerwillig Stahl dafür: Ursprünglich hatte er von einer Glaskuppel geträumt.

Die charakteristischen "Zacken in der Krone" des Hauses und die bekannten Wasserspeier musste Van Alen wiederum einfügen, weil sein Auftraggeber wollte, dass das Haus wie ein Auto aussieht: Die architektonischen Elemente sollen den Kühlergrill eines Chrysler symbolisieren.

Geheimoperation "Nadel"
Dass das Gebäude von einer 56 Meter hohen "Nadel" gekrönt ist, war ebenfalls nur ein Zufallsprodukt. Das Chrysler sollte um jeden Preis das damals höchste Haus der Welt werden. Doch auch die Bank of Manhattan wollte diesen PR-trächtigen Titel für ihre Zentrale.

Die Spitze wurde deshalb versteckt im Heizungssystem gelagert, bis der Bau der Bank of Manhattan fast abgeschlossen war - und dann in einer Geheimaktion in nur 90 Minuten auf dem Gebäude montiert. Das Honorar für all die Extraleistungen blieb Walter P. Chrysler dem Architekten bis ans Lebensende schuldig.

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