Machtkampf um die Milch

Tausende Tonnen Milch werden in den Abfluss geschüttet.
Die deutschen Milchbauern haben am Montag ihre Proteste gegen die niedrigen Milchpreise unvermindert fortgesetzt. Wütende Landwirte verstellten mit Traktoren die Zufahrt zahlreicher Großmolkereien. Für die Milchtankwagen gab es keine Möglichkeit, die Molkereien zu erreichen.

Molkerei zeigt Bauern an
An einem Humana-Milchwerk in Nordrhein-Westfalen verhinderten am Montag mehr als ein Dutzend Landwirte die Ausfahrt von rund 20 Lastwagen. "Im Laufe des Tages müssen die Lkws ihre Produkte ausliefern, da die Ware ansonsten verderben könnte", sagte ein Verantwortlicher der zweitgrößten deutschen Molkerei.

Eine von Bauern blockierte Molkerei in Mecklenburg erstattete am Montag Anzeige gegen Milchbauern. Die Molkerei in Upahl im Nordwesten des Bundeslandes werfe den Bauern Nötigung und schwere Eingriffe in den Straßenverkehr vor, bestätigte die Schweriner Staatsanwaltschaft.

"Krieg der Dörfer droht"
Die Stimmung unter den Bauern heize sich zunehmend auf, sagte die Geschäftsführerin des Verbandes der privaten Milchwirtschaft, Susanne Nüssel, in München. "Die Emotionen kochen über."

In vielen Regionen führten die Aktionen nach Angaben von Nüssel zu Zerwürfnissen zwischen Bauern, die sich an dem Boykott beteiligen, und denen, die weiter Milch liefern. "Diesen drohenden Krieg der Dörfer müssen wir aufhalten", sagte sie.

Tausende Tonnen Milch weggeschüttet
Der Milchproduzent Nordmilch kritisierte die Aktionen: Seit Montag seien lieferwillige Bauern gezwungen, gigantische Mengen frischer Milch in den Abfluss zu schütten. Nach Angaben des Unternehmens betrifft das bis zu 12.500 Tonnen am Tag.

Maximal vier Liter pro Kunde
Fast eine Woche nach Beginn des Lieferboykotts der Milchbauern in Deutschland bekommen auch Verbraucher und Einzelhandel erste Folgen zu spüren.

Wie mehrere deutsche Zeitungen berichten, würden die Kühlregale in Lebensmittelgeschäften immer häufiger Lücken aufweisen. In einigen Supermärkten in Brandenburg seien am Samstag nur noch maximal vier Liter pro Käufer abgegeben worden, berichtet der "Tagesspiegel".

Preissenkung "unmoralisch"
Die Bauern wollen erreichen, dass die Preissenkung für Milch und Milchprodukte vom 21. April zurückgenommen wird. Bis zu diesem Zeitpunkt hätten sie für einen Liter Milch noch mehr als 40 Cent bekommen. Derzeit sind es nur 27 bis 35 Cent.

"Der Handel muss uns entgegenkommen. Die Preissenkungen, die ich für unmoralisch halte, müssen zurückgenommen werden", sagte Romuald Schaber, der Vorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter, am Montag im ZDF-"Morgenmagazin". In diesem Punkt würden die Landwirte mit der Milchindustrie an einem Strang ziehen.

Bauern wollen 43 Cent pro Liter
Als "absolutes Muss" bezeichnete Schaber einen Milchpreis von 43 Cent für die Bauern. "Wir haben diesen Preis im Herbst errechnet. In der Zwischenzeit sind die Kosten schon wieder gestiegen. Das muss der Mindestpreis sein. Wettbewerb kann oberhalb dieser Spanne stattfinden, aber nicht mehr darunter."

Schaber rief Bundesagrarminister Horst Seehofer (CSU) und die Agrarminister der Länder auf, sich in den Streit einzuschalten. "Die Politik hat hier schon eine Verantwortung. Milchproduktion ist eine gesellschaftliche Frage."

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