Das Phänomen ist umso schwerer zu fassen, als es in zahlreichen Varianten auftritt: Jugendbanden bzw. Gangs reichen von Schülergruppen über Motorradgangs bis hin zu komplexen, streng hierarchischen und mafiaähnlichen Organisationen.
Millionen Gangs weltweit
Laut einem im April 2007 in Wien herausgegebenen UNO-Bericht gibt es weltweit selbst bei konservativer Schätzung mehrere zehn Millionen Gangs.
Die überwiegende Zahl von ihnen ist harmlos - doch je loser das soziale staatliche Netz geknüpft und je aussichtsloser die wirtschaftliche Lage ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass kriminelle Jugendbanden in Erscheinung treten.
Mafiaartige "Unternehmen"
Nicht wenige dieser Gangs sind mittlerweile zu organisierten Verbrecherbanden geworden, die sich - oftmals mit Drogenhandel und Schutzgelderpressung - längst zu einem illegalen Wirtschaftsunternehmen gewandelt haben und zu einer Bedrohung für ganze Stadtteile, Städte oder Regionen wurden.
Die Liste
Das US-Magazin "Foreign Policy" hat nun eine Liste der weltweit gefährlichsten Gangs aufgestellt: Die Mungiki aus Kenia, das Primeiro Comando da Capital (PCC) im brasilianischen Sao Paulo, Mara Salvatrucha (MS-13) in den USA und Zentralamerika sowie United Bamboo in Taiwan liegen dabei an der Spitze.
Kenias Geißel
Die Mungiki - der Name bedeutet "Ein vereintes Volk" - mit rund 100.000 Mitgliedern aus dem größten Stamm Kenias, den Kikuyu, sind eine Mischung aus Sekte und Terrorgruppe. Die Slums von Nairobi sind fest in Händen der Gang.
Sie sehen sich in der Tradition der gegen die britische Kolonialherrschaft kämpfenden Mau-Mau-Revolutionäre, lehnen alles Westliche ab und treten stattdessen etwa für die Beschneidung von Mädchen ein, die sie zwangsweise durchführen.
Aufgespießte Köpfe
Am blutigen Chaos in Kenia rund um die umstrittene Präsidentenwahl im Vorjahr waren die Mungiki führend beteiligt. Bereits Monate vor der Wahl tauchten abgetrennte Köpfe, auf Stangen aufgespießt, in Nairobi auf. Nach dem politischen Abkommen zwischen den Konkurrenten Mwai Kibaki und Raila Odinga ist es derzeit relativ ruhig. Doch laut "Foreign Policy" könnten die Mungiki beim geringsten Anzeichen neuer Instabilität eine weitere Welle der Gewalt lostreten.
Die Mungiki haben längst mehrere Wirtschaftszweige unterlaufen, verdienen an Müllabfuhr, Strom- und Wasserversorgung und natürlich Schutzgelderpressung.
Gefängnis als Zentrale
Brasiliens gefürchtetste Gang ist das PCC, dessen Macht vor allem in den Gefängnissen konzentriert ist. Die Regeln in den Gefängnissen stellt das PCC auf - wer sich dagegen sträubt, unterschreibt damit quasi sein Todesurteil.
Jenseits der Gefängnisgitter hat das PCC, das während eines Fußballspiels gegründet wurde, einen großangelegten Drogenhandel mit Verbindungen bis zur kolumbianischen Rebellengruppe FARC aufgezogen.
Revolte per Handy
Weltweite Aufmerksamkeit erregte die Gang zuletzt vor zwei Jahren, als sie zahlreiche Busse, Banken und Polizeistationen angriff und in Brand setzte und sich Schießereien mit der Exekutive lieferte.
Die Angriffe wurden offenbar per Handy vom Gefängnis aus orchestriert. Gleichzeitig startete in Dutzenden Gefängnissen eine Revolte. Die Bilanz: rund 150 Tote.
Graffiti als Reviergrenzen
Bei vielen Gangs ist es oft schwierig, ihre Mitglieder zu identifizieren - im Fall des zentral- und us-amerikanischen Bandennetzwerks Mara Salvatrucha (MS-13) ist das meist kein Problem: Ihre Mitglieder sind neben blutigen Gewalttaten auch für ihre zahlreichen und ausgefeilten Tätowierungen bekannt. Ähnlich werden die Reviergrenzen oft mit Graffiti abgesteckt.
Reicht bis Deutschland
Das mittlerweile bis nach Deutschland reichende lose Netzwerk an Gruppen bietet die idealen Voraussetzungen für Drogen-, Waffen- und Menschenhandel - die Haupteinnahmequellen der MS-13-Gangs.
Die Ursprünge der Gang liegen in den 1980er Jahren in Los Angeles, in das salvadorianische Guerilleros geflüchtet waren. Nach Ansicht des ehemaligen Bandenmitglieds Brenda Paz will die Gang die Nummer eins in den USA werden.
"Alles, was illegal ist, machen sie"
In Asien gilt United Bamboo als eine der mächtigsten Gangs. Laut "Foreign Policy" macht die drittgrößte Triade Taiwans "alles, was illegal" ist.
1957 von - vor dem Kommunisten geflüchteten - Kuomintang-Anhängern gegründet, verdient die Organisation ein Vermögen mit illegalem Glücksspiel, Prostitution, Schutzgelderpressung und Drogenhandel. Längst gibt es Ableger auch in Nordamerika und Europa.
Immer größeres Problem in Europa
Auch in Europa gibt es längst zahlreiche Gangs. Allerdings ist laut einer Studie von vor zwei Jahren das Ausmaß der Gewalt deutlich niedriger als etwa in Nord- und Südamerika. Der Gebrauch von Schusswaffen sowie Morde durch Gangs sind demnach deutlich weniger häufig als in den USA.
London: Hauptstadt der Gangs
Besonders betroffen vom Bandenunwesen ist Großbritannien. Dort gibt es seit Monaten immer wieder schockierende Morde unter Jugendlichen, die im Zusammenhang mit Banden stehen sollen.
Bereits vor mehr als einem Jahr hatte die Londoner Polizei in einem Bericht festgehalten, das es allein in der britischen Hauptstadt 169 Gangs gibt. Mehr als ein Viertel davon waren demnach in Morde verwickelt.
Links:
- "Foreign Policy"-Artikel
- Gang Research
- Bandengewalt in Europa
- UNO-Bericht über Bandenkriminalität
- The First Post
- Mungiki (Wikipedia)
- Primeiro Comando da Capital (Wikipedia)
- Mara Salvatrucha (Wikipedia)
- United Bamboo (Wikipedia)
- Gangs in London