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©Bild: Erich Lessing |
1957 begleitete der österreichische Fotograf Erich Lessing mehrere Wochen lang den Maestro, schon damals ein Weltstar, für eine Fotoreportage des US-Magazins "Esquire". Zum 100. Geburtstag Karajans stellt jetzt das Leopold Museum im Wiener MuseumsQuartier die Fotoserie aus.
"Habe abgedrückt, wenn es richtig war"
Für die Schau im Atrium des Museums sind unter Lessings Aufsicht 70 Schwarz-Weiß-Drucke von seinen Originalaufnahmen entstanden. Die schlicht gerahmten, teils grobkörnigen und unscharfen Fotografien zeigen den Stardirigenten bei Reisen, der Probenarbeit, Aufführungen und Szenen hinter den Kulissen sowie Momenten der Entspannung.
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©Bild: Erich Lessing |
"Ich habe einfach durch den Sucher geschaut, draufgehalten und abgedrückt, wenn es richtig war", sagt Lessing, "und offensichtlich war es oft richtig."
Wien, Berlin, Salzburg, Luzern
Die an vier Schauplätzen aufgenommenen Fotografien zeigen etwa Proben mit dem Violinisten Nathan Milstein in Luzern mit anschließendem Diner, eine Besprechung mit Egon Seefehlner, dem damaligen Generalsekretär der Wiener Staatsoper, Proben mit den Berliner Philharmonikern und von Karajan bei der "Fidelio"-Regie in der Felsenreitschule Salzburg.
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©Bild: Erich Lessing |
Schon zu Lebzeiten polarisierte Karajan; seine Kritiker warfen ihm vor, abseits der Musik vor allem die Kunst der Selbstvermarktung perfektioniert zu haben.
Im Jetset zu Hause
Zum "System Karajan" gehörten auch das schillernde Promileben, die schnellen Autos und die Privatflugzeuge. Karajans dritte Ehe mit dem französischen Model Eliette Mouret füllte die Spalten der Klatschpresse.
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©Bild: Erich Lessing |
An diesem Bild arbeitete Karajan ein Leben lang. Geschlossene Augen, leuchtend graue Frisur, Rollkragenpullover oder Frack - mit weit ausholender Hand zog der Maestro auf dem Podium alle Aufmerksamkeit auf sich. Zu gestischen Ausbrüchen ließ er sich nicht verleiten, ein Fingerzeig genügte.
"Er war ein wirklicher Schauspieler"
Die faszinierenden Fotos aus dem Jahr 1957 unterstreichen dieses Image, auch wenn sie nur eine Momentaufnahme aus einem Karriereabschnitt des Dirigenten sind.
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©Bild: Erich Lessing |
"Ich habe ihn nicht gekannt, ich habe ihn nur beobachtet", sagt Lessing über seine Beziehung zu Karajan, den er aus der Distanz fotografierte. "Er hat gesehen, wo ich stehe, wo meine Kamera ist, und war ein wirklicher Schauspieler."
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©Bild: Erich Lessing |
Womit er damals fotografierte, kann Lessing heute nur noch mutmaßen: "Höchstwahrscheinlich mit einer Leica. Blende oder Film? Ich habe keine Idee!"
Mehr Fotografie im Leopold Museum Bereits vor zwei Jahren waren im Leopold Museum unter dem Titel "Budapest 1956" bedeutende fotografische Zeitdokumente von Lessing zu sehen."Er hat angeregt, Fotografie zukünftig mehr im Leopold Museum aufzugreifen", kündigte der kaufmännische Direktor des Museums, Peter Weinhäupl, nun an.
Ausstellungshinweis
Erich Lessing: Karajan, bis 7. September, Leopold Museum im MuseumsQuartier Wien, täglich 10.00 bis 18.00, donnerstags bis 21.00 Uhr. Zur Ausstellung ist ein Buch (228 Seiten, 45 Euro, Verlag der Metamorphosen, Wien) erschienen.
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