![]() |
©Bild: Warner Music Group/Brea Souders |
Das Problem mit den singenden Schauspielern
Wenn Schauspieler von einer zweiten Karriere als Popstar träumen, geht das oft schief. Ende der 60er sorgte das Ensemble von "Raumschiff Enterprise" mit mehreren Platten - etwa "Mr. Spock's Music from Outer Space" - für Verzweiflung bei den Fans. Bruce Willis versuchte sich als Bluessänger, Steven Seagal als World-Music-Interpret.
Seit diesen meist erfolglosen Ausflügen ins Musikgeschäft gelten singende Schauspieler als ganz und gar verzichtbar. Einzig Jared Leto konnte sich zuletzt als Frontmann der Rockband 30 Seconds to Mars in den Charts etablieren.
Musik statt Ego
Nun scheint aber ein Umdenken stattzufinden: Aktuelle Alben erwecken den Eindruck, dass es den singenden Stars tatsächlich um die Musik geht und nicht in erster Linie darum, ihr Ego zu befriedigen. Sie zeichnen sich durch durchdachte Konzepte und einfallsreiche Produktion aus.
Johansson hat sich für ihr Projekt etwa mit dem Produzenten Dave Sitek zusammengetan, der als Gitarrist und Produzent von TV on the Radio höchste Anerkennung in der Indie-Szene genießt.
Außerdem ist die Schauspielerin bei ihrem Tom-Waits-Projekt nicht den einfachen Weg gegangen, nur die bekannten Hits des Songwriters neu aufzunehmen: "Anywhere I Lay My Head" besteht aus Songs, für die Johansson und Sitek recht tief im Waits-Archiv gegraben haben.
Kratzige Stimme, weiches Klangbett
![]() |
©Bild: Warner Music Group/Dave Sitek |
"Würde das Projekt einen eigenen Bandnamen tragen, statt Scarlett Johanssen zu heißen, würde es als größerer Erfolg erscheinen", schreibt die "Los Angeles Times" treffend. "Ihre Stimme ist am besten als ein Element in Siteks weitläufigen Klangkonstruktionen zu verstehen, nicht als das zentrale Element."
Der Film- und der Folkstar
Genau diesen Punkt hat Johanssons Kollegin Zooey Deschanel verstanden: Sie verschweigt bei ihrem Musikprojekt ihren aus "Almost Famous", "Per Anhalter durch die Galaxis" und "Weeds" bekannten Namen und nennt sich im Duo mit dem ebenso bekannten Indie-Gitarristen M. Ward She & Him.
Deschanels Stimme ist nicht nur um Klassen besser als Johanssons, auch in Sachen Songwriting sticht das She-&-Him-Debütalbum "Volume One" heraus. Nichts an den filigranen Folkballaden und den Pop-Ohrwürmern erweckt den Eindruck, als würde hier ein Filmstar an einer weiteren Facette von Selbstdarstellung arbeiten.
Positives Echo
Die Songs behandeln klassische Popthemen zwischen Girlpower und gebrochenen Herzen. Sie sind bewusst simpel gehalten, aber mit mehrstimmigen Chorsequenzen und an Sixties-Soul orientierter Rhythmussektion durchaus komplex arrangiert.
"Volume One" erschien bereits Mitte März und ist in Europa nur via US-Import erhältlich. In den USA konnte sich die Band in kurzer Zeit eine beträchtliche Fangemeinde und fast durchwegs positive Kritiken erarbeiten.
International vermarktet
Ob Johansson, deren Debütalbum international beim Musikmajor Warner herauskommt, trotz des bedeutend größeren Marketingaufwands ähnlich erfolgreich sein wird, bleibt abzuwarten.
Doch auch wenn sich "Anywhere I Lay My Head" als Flop erweisen sollte, werden sich in Zukunft Hollywood-Stars kaum davon abhalten lassen, ihr Glück im Musikgeschäft zu versuchen.
Phoenix im Studio
In der Tat steht der nächste singende Schauspieler schon in den Startlöchern: Joaquin Phoenix steht gemeinsam mit dem Charlatans-Frontmann Tim Burgess im Studio. Phoenix sei auf den Geschmack gekommen, als er für den Johnny-Cash-Film "Walk the Line" Gitarre spielen lernte, berichtet das Branchenmagazin "Billboard".
Ob das Resultat jemals erscheinen wird, ist noch unklar: Phoenix sei bei den Aufnahmen ein solcher Perfektionist, dass er alle fertigen Songs ständig überarbeiten wolle, so Burgess.
Links: